- Autor: Siegfried Lenz
- Verlag: dtv
- Erschienen: 1999
- Seitenanzahl: 208
- Preis: 8,90 Euro
- ISBN: 978-3-423-12915-2
Über den Autor
Siegfried Lenz wurde 1926 in Ostpreußen geboren und wird zu den berühmtesten deutschen Schriftsteller der Nachkriegszeit gezählt. Er lebte als freier Journalist in Hamburg bis er im Oktober 2014 starb. Er schreibe eine Vielzahl von Romanen und veröffentlichte Erzählungen; zu seinen berühmtesten Werken gehört die „Deutschstunde“, die in verschiedenen Sprachen übersetzt und verfilmt wurde.
Inhalt
Arne ist anders als die meisten Kinder in seinem Alter, er ist besonders. Nach dem Bankrott seiner Firma will sein Vater erst sich selbst und dann seine Familie töten, doch Arne kann auf sonderbare Weise überleben. Er lebt fortan bei einem befreundeten Ehepaar und dessen Kindern, Lars, Hans und Wiebke, an der Hamburger Elbe. In der Schule ist er zunächst ein Außenseiter, und auch Lars und Wiebke wollen sich nicht mit ihm abgeben, nur in Hans findet er einen Freund. Schnell erweist er sich als echtes Sprachtalent und Wunderkind, doch mit seiner ruhigen, wissbegierigen und rücksichtsvollen Art ist er seinen Altersgenossen weit voraus und überfordert sie in seiner Reife,Weitsicht und Moral. Sein größter Wunsch ist es, endlich seinen Platz in der Welt zu finden, dazuzugehören. Als er bei der Restauration eines alten Schiffes mitwirken darf, ist er mit vollem Eifer dabei, aber bei der Einweihung passiert ihm ein Missgeschick. Blind vor Zuneigung zu Wiebke, und benommen von dem Drang nach Bestätigung begeht er einen großen Fehler als er geplagt von seinen Schuldgefühlen auf eine folgenschwere Mutprobe eingeht.
In der Szenerie des Hamburger Hafens spielt sich die Tragödie um einen außergewöhnlichen Jungen ab, der verzweifelt um Anerkennung kämpft, und am Leben scheitert.
In der Szenerie des Hamburger Hafens spielt sich die Tragödie um einen außergewöhnlichen Jungen ab, der verzweifelt um Anerkennung kämpft, und am Leben scheitert.
"Ach Arne, an diesem Abend brachte ich es anfangs nicht fertig, dein Hinterlassenschaften einfach einzusammeln und still wegzuräumen und für unbestimmte Zeit in die ewige Dämmerung des Bodens zu verbannen. Zuviel kam da herauf und bot sich an, jedes Ding bezeugte etwas, gab etwas preis, wie von selbst stiftete es dazu an, Vergangenheit zum Reden zu bringen." (S.8)
Persönliche Meinung
Lenz nutzt in dieser besonderen Erzählung keine Anführungszeichen, lässt die wörtliche Rede ohne Kennzeichnung, und zieht den Leser damit in den Sog der Ereignisse. So plötzlich Arne auf die neue Familie trifft, so tief sind die Spuren die er hinterlässt. Seine Geschichte wird aus der Sicht von Bruders Hans erzählt, der beim Verstauen des Nachlasses von den vielen gemeinsamen Erinnerungen und Erlebnissen erzählt. Leise und still war Arne in die Familie gekommen, kraftvoll und laut verlässt er sie wieder.
Mit der Geschichte des kleinen großen Jungen, der mit seiner Unbedarftheit und Selbstbestimmung Wellen bricht, und im Sturm darin untergeht, hält Lenz der Gesellschaft in ihrer Engstirnigkeit und Ignoranz gegenüber dem Andersartigen den Spiegel vor.
Mit der Geschichte des kleinen großen Jungen, der mit seiner Unbedarftheit und Selbstbestimmung Wellen bricht, und im Sturm darin untergeht, hält Lenz der Gesellschaft in ihrer Engstirnigkeit und Ignoranz gegenüber dem Andersartigen den Spiegel vor.
Vergleich mit Verfilmung
- Genre: Drama
- Produktionsland: Deutschland
- Jahr: 2013
- Regie: Thorsten Schmidt
Der Film glänzt zwar mit vielversprechender schauspielerischer Leistungen von Susanne von Borsody, Jan Vedder und Max Hegewald in extrem feinfühliger Verkörperung des Arne, aber die Umsetzung zeigt: modern ist nicht immer besser. Wiebke und Lars schlagen sich die Nachmittage mit saufen und rauchen um die Ohren und Hans erinnert eher an einen Proll als an den verantwortungsbewussten Ältesten aus dem Buch. Der Zauber der Geschichte verliert durch die Neuinterpretation der Charaktere seine Wirkung. Auch Schlüsselfigur Kalluk, ein Arbeiter aus der Firma der Familie, ein schweigsamer und seltsamer Ex-Häftling, der sich durch besondere Bindung zu Arne auszeichnet, wird hier als lustiger, verschrobener Kerl dargestellt, und die Beziehung zwischen den beiden nur oberflächlich beleuchtet. Ein wichtiger Bestandteil des Films ist jedoch die drohende Pleite des Familienunternehmens: Die Sorge um die Zukunft der Firma wird zwar wichtig als sich die Situation um Arne und Wiebke zuspitzt, aber im späteren Verlauf nicht mehr aufgegriffen. Auch der Rahmen der Erzählung, das Verstauen der Habseligkeiten Arnes, wird hier nur in der Schlusssequenz verpackt, und keine große Bedeutung geschenkt. So auch Arnes Verbindung zu Hans, die sich im Buch zärtlich aufbaut, hier aber nur eine Nebenrolle spielt. Hans ist wider erwarten nicht der sensible, reife und aufmerksame Wegbegleiter, sondern unterstützt Arne eher nebenbei. Wollen die Filmemacher die Geschichte auf der einen Seite in die Moderne übertragen, spielen sie doch mit längst überholten Geschlechterklischees in der Beziehung zwischen Mutter und Vater.
Allerdings setzt der Film die Szene um den Selbstmord des Vaters und der Familie um. Er eröffnet mit der Tragödie um Arnes Familie, stellt sie als Horrorszenario am heimischen Abendbrottisch dar: der Vater mischt Gift in den Eistee, aber Arne verschüttet sein Glas. In seinen Erinnerungsfetzen holen ihn diese Bilder immer wieder ein; es sind Black-out-Momente, in denen er sich in seine Kindheit zurückversetzt fühlt. Die Liebe zu einer seiner verlorenen Schwestern wird hier aber unnötig betont, so bildet sich Arne ständig ein, sie vor sich zu sehen, und auch in Wiebke sieht er das Ebenbild ihrer. Mit der Projektion der verstorbenen Schwester wird die nötige Dramatik erzeugt, die der Film mit seiner modernen Interpretation der Geschichte nicht aufbringt. So auch Arnes Verbindung zu Hans, die sich im Buch zärtlich aufbaut, hier aber nur eine Nebenrolle spielt. Hans ist wider erwarten nicht der sensible, reife und aufmerksame Wegbegleiter, sondern unterstützt Arne eher nebenbei. Wollen die Filmemacher die Geschichte auf der einen Seite in die Moderne übertragen, spielen sie doch mit längst überholten Geschlechterklischees in der Beziehung zwischen Mutter und Vater.
Um die Einsamkeit und Labilität Arnes in den Vordergrund zu setzen, hätte man den Fokus des Films mehr auf die zwischenmenschlichen Beziehungen und emotionalen Momente aus der Romanvorlage, als auf die Übertragung in die Moderne legen müssen.
Allerdings setzt der Film die Szene um den Selbstmord des Vaters und der Familie um. Er eröffnet mit der Tragödie um Arnes Familie, stellt sie als Horrorszenario am heimischen Abendbrottisch dar: der Vater mischt Gift in den Eistee, aber Arne verschüttet sein Glas. In seinen Erinnerungsfetzen holen ihn diese Bilder immer wieder ein; es sind Black-out-Momente, in denen er sich in seine Kindheit zurückversetzt fühlt. Die Liebe zu einer seiner verlorenen Schwestern wird hier aber unnötig betont, so bildet sich Arne ständig ein, sie vor sich zu sehen, und auch in Wiebke sieht er das Ebenbild ihrer. Mit der Projektion der verstorbenen Schwester wird die nötige Dramatik erzeugt, die der Film mit seiner modernen Interpretation der Geschichte nicht aufbringt. So auch Arnes Verbindung zu Hans, die sich im Buch zärtlich aufbaut, hier aber nur eine Nebenrolle spielt. Hans ist wider erwarten nicht der sensible, reife und aufmerksame Wegbegleiter, sondern unterstützt Arne eher nebenbei. Wollen die Filmemacher die Geschichte auf der einen Seite in die Moderne übertragen, spielen sie doch mit längst überholten Geschlechterklischees in der Beziehung zwischen Mutter und Vater.
Um die Einsamkeit und Labilität Arnes in den Vordergrund zu setzen, hätte man den Fokus des Films mehr auf die zwischenmenschlichen Beziehungen und emotionalen Momente aus der Romanvorlage, als auf die Übertragung in die Moderne legen müssen.
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