Montag, 23. Oktober 2017

Das Erwachen - Andreas Brandhorst (Rezension)

Was passiert, wenn unsere Existenz in die Hände einer intelligent denkenden Maschine gerät? Ein Szenario, so erschreckend wie realistisch.

  • Autor: Andreas Brandhorst
  • Verlag: Pieper
  • Erscheinungsdatum: 2.Oktober 2017
  • Seitenanzahl: 736 Seiten
  • Preis: 16,99 Euro
  • ISBN: 978-3-492-06080-6



Über den Autor

Andreas Brandhorst (*1956) hat als Übersetzer und Autor in Italien gelebt, wo auch Teile seines neuesten Romans spielen. Heute ist er in den Norden Deutschlands zurückgekehrt und widmet sich  dem Schreiben von Sciens-Fiction Romanen.

Inhalt


Wir leben in einer Welt, in der wir ohne Elektrizität nicht mehr existieren könnten: Wir machen uns abhängig von intelligenten Technologien und dem ständigen Gebrauch von Mikrochips, Datenspeichern und dem World Wide Web. Dass uns das früher oder später zum Verhängnis wird, davon ist Andreas Brandhorst überzeugt: In seinem neuen Thriller zeichnet er die Welt nach dem Takeover einer Künstlichen Intelligenz.

Axel Krohn, früherer Kurdischer Cyber-Terrorist und Freiheitskämpfer, ist als Hacker im Darknet unterwegs. Als er versehentlich auf einen Virus der NSA stößt, löst er eine Kettenreaktion aus und leitet das Ende der menschlichen Herrschaft über die Welt ein. Ein Maschinenintelligenz erwächst aus dem Virus und unterwirft die Infrastruktur der gesamten Welt. Menschen entwickeln sich zu Barbaren im Kampf um das eigene Überleben und sterben in Massen. NSA, Polizei und UN machen sich auf die Suche nach der unsichtbaren und doch überall präsenten Maschinenmacht und es beginnt eine wilde Verfolgungsjagd. Doch die künstliche Intelligenz ist immer einen Schritt voraus: Der einzige, mit dem sie sich auf ein Gespräch einlässt, ist Axel Krohn. Der am intensivsten gesuchte Cyberterrorist, der für den drohenden Untergang der Welt verantwortlich gemacht wird...

Persönliche Meinung


Anders Brandhorst beschreibt ein Szenario in einer Welt, die der unseren gar nicht so fern liegt. Wie weit würden wir gehen, um das eigene Überleben zu sichern? Welche Rolle nehmen politische Konflikte ein, wenn es um die Existenz der Menschheit geht? Fragen, die wir uns bald selbst stellen müssen wenn es nach dem Autor geht. In einem spannenden und rasanten Thriller, multiperspektivisch und charakterstark erzählt, spielt er eine mögliche Zukunftsvision der Menschheit durch. Auf 700 Seiten kommen dabei Action, familiäre Konflikte, Liebesbeziehungen und Humor nicht zu kurz. Dabei nimmt die Handlung leider erst im zweiten Teil richtig fahrt auf, um sich zeitweise in kitschigen Kampfszenen zu verlieren und dann in rasantem Tempo auf ein schnelles und enttäuschend harmonisches Ende zuzusteuern. An manchen Stellen kommt das Buch dadurch etwas zu actionlastig und realitätsfremd daher im Vergleich zu den wissenschaftlichen Ausführungen zu Daten und KIs im ersten Teil.
Trotzdem lässt Brandhorst den Leser mit einer entscheidenen Frage zurück: Vielleicht ist die Entwicklung einer künstlichen Intelligenz nur die nächste Stufe auf der Leiter der Evolution? In "Das Erwachen" zeigt er letztlich eine Möglichkeit auf, wie Mensch und menschlich gewordene Maschine koexistieren können. Doch in einer Welt, in der eine künstliche Supermacht über das Schicksal der Zivilisation entscheidet, wird nichts mehr so sein wie vorher.
Fazit: Ein packender, durchweg spannender Krimi für Computernerds und solche, die es danach werden. Brandhorst regt mit seinem Thriller zum Nachdenken an über die Technik, die wir in unserem Alltag viel zu selbstverständlich nutzen.

* Das Buch wurde mir freundlicherweise als Rezensionsexemplar vom Piper-Verlag zur Verfügung gestellt.

Sonntag, 9. Juli 2017

Und ewig schläft das Pubertier - Jan Weiler (Rezension)


Geschichten aus dem Alltagswahnsinn auf dem Weg zum Erwachsenwerden.
  • Autor: Jan Weiler
  • Verlag: PIPER-Verlag*
  • Erschienen: 3.Juli 2017
  • Seitenanzahl: 176
  • Preis: 14,00 Euro (Hardcover)
  • ISBN: 978-3-492-05772-1



Über den Autor

Jan Weiler(*1967) lebt in München und hat lange Jahre als Chefredakteur des SZ-Magazins gearbeitet. Seinen größten Erfolg feierte er mit "Maria im schmeckt's nicht". Sein aktuelles Buch ist der dritte Teil seiner Pubertier-Serie: Nach "Das Pubertier" (2014) und "Im Reich der Pubertiere" (2016). ist am 6.Juli ist der dazugehörige Film mit den Schauspielern Jan Josef Liefers und Heike Makatsch in den deutschen Kino angelaufen.

Inhalt

Die Kinder von Jan Weiler werden erwachsen - und mit ihnen die Probleme. Ein spannendende Zeit, findet er und nutzt den neuen Lebensabschnitt für den dritten Teil seiner Buchreihe. Mittlerweile ist er Vater einer siebzehnjährigen Tochter und eines vierzehnjährigen Sohnes, beide durchleben die Pubertät gerade auf unterschiedliche Weisen. Während der eine viel schläft, Computerspiele spielt und bei seinem Versuch, Mädchen zu beeindrucken erst einmal kläglich scheitert, ist die andere gerade dabei ihre Verkehrstauglichkeit unter Beweis zu stellen, ihre erste ernste Beziehung zu kitten und ausgiebig Partys zu feiern. Jan Weiler nimmt dabei die Rolle des Versuchsleiters bei dem Experiment "Erwachsen werden" sehr ernst: ob auf dem Verkehrsübungsplatz, dem Elternabend oder der Suche nach Erklärungen für die manchmal merkwürdigen Verhaltensweisen seiner Kinder. Während die ersten Altersanzeichen wie seine Schwerhörigkeit immer schlechter verbergen kann, werden Clara und Nick zu jungen Erwachsenen - in manchen Situationen sind sie es bereits mehr, in manchen weniger.

Persönliche Meinung

Das leckere Gurke-Dill-Pausenbrot wird in der Schule gegen Nutellatoast getauscht und Papa muss die Tochter um vier Uhr von einer Party abholen - die Pubertiere strapazieren die Nerven des Versuchsleiters ganz schön. Der aber verbucht die Eigenheiten seiner Kinder als willkommene Ergebnisse seines Experiments und reagiert stets (und manchmal überraschend) besonnen und verständnisvoll. Auch wenn sich die Kommunikation mit seinen Kindern zuweilen auf das Mindeste beschränkt. Durch sehr amüsierende Rückblicke in seine eigene Jugend und seine Perspektive als mittlerweile fünfzig jähriger Mann auf die Entwicklung seiner Kinder ist "Und ewig schläft das Pubertier" mehr als eine Bestandsaufnahme der fremdartig anmutenden Verhaltensweisen von Clara und Nick: Es ist ein Versuch, die Lebenswelt der Pubertiere zu verstehen. Daraus ist ein sehr lustiger, alltagsnaher und kurzweiliger Familienroman geworden. Ein Buch, das einmal durch das ganze Haus gereicht werden sollte, damit sich sowohl Kinder als auch Eltern in Weilers Familie wiedererkennen und vielleicht sogar von ihr abschauen können. Ihm und seiner Frau gelingt es nämlich, angenehm entspannt und ausgeglichen auf jegliche Form der neue Eigenheiten ihrer Kinder zu reagieren. Wir dürfen gespannt sein, welche Geschichten das Leben der Pubertiere noch bereithält!

* Mit freundlicher Unterstützung des PIPER-Verlags, der mir ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat.

Sonntag, 3. Juli 2016

Ein ganzes halbes Jahr - Kinofilm (nach dem Bestseller von Jojo Moyes)

Ein tragischer Liebesfilm der glücklich macht

  • Regie: Thea Sharrock
  • Drehbuch: Jojo Moyes
  • Produktionsland: USA
  • Erschienen: 23.Juni 2016
  • Länge: 110 Minuten 
  • FSK: 12 Jahre

Inhalt

William Traynor ist ein erfolgreicher Geschäftsmann, er stammt aus einer reichen Familie, hat viele Freunde und eine glorreiche Zukunft vor sich - Luisa Clark ist so ziemlich das Gegenteil davon, sie lebt in ärmlichen Verhältnissen im Arbeiterviertel einer englischen Kleinstadt, braucht dringend einen neuen Job um ihre Eltern zu unterstützen und hat einen außergewöhnlich peinlichen Modegeschmack. Das Schicksal bringt die beiden zusammen als ein Verkehrsunfall Will eines Tages zum Pflegefall macht. Er wird Tetraplegiker, ist vom Hals abwärts gelähmt und kehrt in seine alte Heimatstadt zum Anwesen seiner Eltern zurück. Der früher so aktive und lebensfrohe junge Mann kann sich nicht mit seinem Schicksal abfinden, sieht keinen Sinn mehr in seinem Dasein und fällt in eine tiefe Depression. Um ihn aufzuheitern und von Suizidversuchen abzulenken stellen seine Eltern Luisa Clark ein, sie soll eine Verbindung zu ihm aufbauen und ihm neuen Lebensmut geben. Zu Beginn ihrer Arbeit ist Will noch ein ziemlicher Unsympath ihr gegenüber, doch im Laufe der Zeit sind es Luisas Charme, ausgefallener Klamottenstil und fröhliche Art, die Wills harte Schale aufbrechen und die beiden zu Freunden werden lassen. Doch was Luisa lange nicht weiß: Will hat vor, seinem Leben mit Hilfe einer Sterbehilfeorganisation in der Schweiz in absehbarer Zeit ein Ende zu setzen. Luisa bleiben noch sechs Monate um ihn von seiner Entscheidung abzubringen; dieses halbe Jahr nutzt sie, um mit Will zu reisen, zu lachen und zu leben. Beide verlieben sich ineinander, und es ist letztendlich vielmehr Will, der Luisa das Leben lehrt und ihr die Welt hinter der Kleinstadt zeigt. Er ermuntert sie dazu, ihr Potenzial zu nutzen und ihre Zukunft nicht zu vergeuden. Und auch wenn Luisa Will nicht von seinem Vorhaben abbringen kann, hat sie ihre Begegnung mit Will verändert...
Ein herzzerreißender und tragikkomischer Liebesfilm, der die typischen Klischees einer Romantikschnulze nicht bedient, sondern trotz des dramatischen Ausgangs vielmehr eine Geschichte über das Leben als über den Tod erzählt und darüber hinaus die Debatte über aktive Sterbehilfe neu anregt.



Persönliche Meinung

Die Anforderungen an den Film nach dem Erfolg der Buchvorlage waren hoch - und wurden dank der wunderbaren Hauptdarsteller und des Drehbuchs der Autorin erfüllt. Emilia Clarke und Sam Clafin harmonisieren außergewöhnlich gut miteinander und vermitteln die emotionalen Szenen authentisch und vollends überzeugend.  Besonders Clarke überzeigt durch ihr Mienenspiel, ihre Augenbrauen machen ihr Gesicht zu einer Leinwand der Emotionen.
Die Darstellung der englischen Kleinstadt, Louisas skurrile Outfits und ihre Reisen mit Will decken sich genau mit der Buchvorlage. Der Film setzt die richtigen Akzente, verschont den Zuschauer aber - wie in der Literaturvorlage- mit der finalen Sterbeszene Wills. Die letzte Szene der beiden ist die ihre Versöhnung auf Wills Sterbebett, zwar mit einer großen Portion Traurigkeit, die aber durch den typischen Sarkasmus der beiden erträglich wird. Louisas Reise nach Paris bildet den perfekten Abschluss des Films, sie erfüllt damit den Wunsch Wills, ihre Träume zu verwirklichen und ihr Leben zu genießen. Damit ist "Ein ganzes halbes Jahr" ein wunderbares tragikromantisches Plädoyer für das Leben und dafür dass Liebe keine Grenzen kennt - nur leider kann auch sie die unbändige Sehnsucht nach dem Tod nicht überwinden....



Donnerstag, 23. Juni 2016

Brexit - Remain or Leave?

Der heutige Tag könnte einen Wendepunkt in der Geschichte Europas markieren, wenn die Briten für den Austritt aus der EU stimmen. Welche Konsequenzen müssten die Staatengemeinschaft und Großbritannien befürchten, und welche Argumente nutzen die Befürworter? 

http://www.firstlife.de/remain-or-leave-das-ist-hier-die-frage/

Samstag, 18. Juni 2016

Lucia di Lammermoor - Oper im Staatenhaus Köln Deutz


  • Premiere: 12.Juni 2016
  • Inszenierung: Eva-Maria Höckmayr
  • Musikalische Leitung: Eun Sun Kim
  • Enrico: Boaz Daniel/ Florian Sempey
  • Lucia: Olesya Golovneva
  • Edgardo: Atalla Ayan/ Jeongki Cho
  • Arturo: Taejun Sun

Ein Zwist zwischen zwei Familienclans, eine hoffnungslose Liebe, eine Intrige und kein happy End - so könnte man die Geschichte von Lucia di Lammermoor kurz beschreiben. Donizettis Oper spielt im Schottland des ausgehenden 16.Jahrhunderts vor dem Hintergrund des Konflikts zwischen Katholiken und Protestanten. Die mächtige Dynastie der der Ashtons hat die Familie der Ravenswoods vertrieben und damit eine Heirat zwischen Lucia und Edgardo unmöglich gemacht. Als Lucias herrschsüchtiger Bruder Enrico von einem Verhältnis zwischen den beiden erfährt, kommt die Tragödie in Gang: Um seine Machtposition zu sichern, arrangiert er für eine Zwangsheirat dem einflussreichen Arturo. Es bedarf erst eines gefälschten Briefs von Lucia damit Edgardo von seiner Liebe entsagt, und seinen Schwur der ewigen Treue zu Lucia bricht. Die heiratet ihrem Bruder untergeben Arturo und verzweifelt an ihrem Schicksal. Sie wird wahnsinnig, tötet Arturo und begeht anschließend gemeinsam mit Enrico Selbstmord. Daraufhin schlitzt sich auch Edgardo die Kehle auf und stirbt mit der Hoffnung im Grab die ersehnte Vereinigung mit Lucia zu finden.
Die Oper stammt aus dem Jahr 1835 und dem aufmerksamen Zuschauer werden wahrscheinlich gewisse Parallelen zu Werken von  Schiller und Shakespeare aufgefallen sein: Die Intrige aus Kabale und Liebe und der Selbstmord zweier Liebenden die sich im Tod vereinen. Ob Gaetano Donizetti seine Inspiration hier gefunden hat..?
Die Kölner Inszenierung allerdings bringt einige Veränderungen der Originalfassung mit sich. Regisseurin Eva Maria Höckmayr verändert die gesamte Rahmenhandlung indem sie die Geschichte in den Kontext des Dritte Reichs versetzt. Die jüdische Familie Edgardos wird von den arischen Ashtons verraten und muss fliehen.  Die Darstellung dieses dramatischen Schicksals gelingt allerdings durch das schwer nachvollziehbare Auftreten einer Flüchtlingsfamilie eher mäßig und wirkt wie aus dem Zusammenhang gerissen. Auch der Einsatz einiger Nazi Offiziere in der ersten Szene des Stücks ist ohne Hintergrundwissen über die Inszenierung kaum zu verstehen. Als Kulisse dient ein Plattenbaubungalo ausgestattet mit einem großen Fenster, das den Blick in das Schlafzimmer Lucias frei macht und mit Spezialeffekten verdunkelt oder transparent gemacht werden kann. Trotz des Aufgebots an Spezialeffekten tötet Lucia ihren Ehemann nur mit einer dürftigen Nachttischlampe - die Mordszene wird dadurch leider in ihrer Dramatik entschärft. Daneben lenkt der Einsatz an Hochzeitsgästen in pompöser Kleidung vom eigentlichen Geschehen ab und verbraucht fast die Aufmerksamkeit der Zuschauer. Sowohl Atalla Ayan als Edgardo als auch die weibliche Hauptrolle Olesya Golovneva beweisen vokale Höchstleistungen, allerdings ist die instrumentale Begleitung durch das Gürzenich-Orchester oft gehetzt und hektisch, hier vermisst man ein weiches Instrument wie ein Klavier vergeblich.
Trotzdem zeigt das Ensemble  in seiner zweiten Aufführung der italienischen Kultoper im Ausweichquartier der Kölner Oper eine tolle Leistung; das Publikum zeigt seine Begeisterung in anhaltendem Applaus am Ende der Vorstellung.
Aus der Kreuzung aus Kabale und Liebe und Romeo und Julia lässt Donizetti eine dramatischen Familienfehde um Macht und Einfluss auf Kosten der Leben zweier Liebenden entsteht. Durch das Versetzen des Stück ins 20.Jahrhundert vor dem Hintergrund der Nazi-Herrschaft bekommt es eine nahbare Grundlage - ein gut gesetzter Akzent der Regisseurin.
Fazit: Eine gelungene Inszenierung, wenn auch in Punkto instrumentale Begleitung und Bühnenbau ausbaufähig.

Weitere Informationen & Tickets: hier

Samstag, 4. Juni 2016

Die Armenien-Resolution ist am Donnerstag im Bundestag verabschiedet worden, aber was steckt eigentlich dahinter? Eine Übersicht über den historischen Hintergrund und die aktuellen Streitfragen: http://www.firstlife.de/die-armenien-resolution-provokation-oder-ueberfaellige-anerkennung/
Über ein Feedback unter dem Beitrag auf www.firstlife.de würde ich mich freuen 
Viele Grüße und ein schönes Wochenende!

Mittwoch, 1. Juni 2016

Die weiteren Aussichten - Robert Seethaler (Rezension)


  • Autor: Robert Seethaler
  • Verlag: Goldmann
  • Erschienen: 3.März 2010
  • Seitenanzahl: 320
  • Preis: 8,95 Euro (Taschenbuch)
  • ISBN: 978-3-442-47172-0

Über den Autor

Robert Seethaler (*1966 in Wien) ist ein vielfach ausgezeichneter Schriftsteller und Drehbuchautor. Mit seinem ersten Roman "Die Biene und der Kurt" ist sein erster Roman wurde er mit dem Debütpreis des Buddenbrookhauses ausgezeichnet. Er besuchte die Schauspielschule in Wien und wirkte in einer Vielzahl von Produktionen für Kino und Fernsehen sowie an Theatern in Wien, Berlin, Stuttgart und Hamburg mit.

Inhalt

Das Glück ist schon ein komischer Zeitgenosse, erst lässt es sich 27 Jahre lang nicht blicken und dann verirrt es sich auf einem blauen Klapprad auf eine einsame Landstraße....
Herbert Szevko führt ein einfaches Leben: er ist Ende zwanzig, Epileptiker, ziemlich schräg, betreibt mit seiner Mutter eine Tankstelle irgendwo im Nirgendwo und besitzt einen Fisch namens Georg. Als eines Tages eine dicke Frau mit einem Haarschnitt der eigentlich keiner ist und viel zu engen Hosen auf einem kleinen Fahrrad an den Zapfsäulen vorbeiradelt, verliert Herbert sein Herz: Hilde Matusovsky ist die Putzfrau des örtlichen Schwimmbades und eigentlich so unspektakulär wie Herbert selbst. Bald schon zieht Hilde zu Herbert und der Mutter in die Wohnung oberhalb der Tankstelle ein, aber Herbert ist ungeübt in der Liebe und Hilde zu lebenshungrig um ein Dasein in Herberts Kinderzimmer und den Schlagersendungen der Mutter zu fristen. Aber auch Frau Szevko will ihren Sohn nicht einfach so an eine dahergeradelte Frau mit wüster Frisur und dicken Waden verlieren, eigentlich an gar niemanden auf der Welt. Doch während die sterbenskrank nach einem Zusammenbruch ins Krankenhaus eingeliefert wird, kommt es zwischen Hilde, Herbert und dem Dorfraudi Greiner zu einer gewaltigen Auseinandersetzung bei der Herbert den Greiner auf offener Landstraße erschlägt. Hilde und Herbert beschließen daraufhin zu türmen, entführen die Mutter aus dem Krankenhaus und begeben sich auf eine wilde Verfolgungsjagd durch Stadt, Land und Fluss mit einem gestohlenen Rettungswagen und Goldfisch Georg im Marmeladenglas.
Nur die Mutter ist schwach, das Verstecken anstrengend und dann sieht Herbert plötzlich die Schatten auf ihrem Gesicht....

Persönliche Meinung

Das Glück kommt auf dem Fahrrad und putzt die Wände im Schwimmbad - Robert Seethalers Geschichte ist absurd, komisch aber absolut liebenswürdig. Seethaler zeichnet seine Figuren einmalig charakterstark und authentisch. Herbert ist eigentlich ein typischer Psychopath, in sich gekehrt, einsam und mit wüsten Gedanken. Mit der Mutter sind ihm die Gesprächsthemen längst ausgegangen und Georg der Fisch ist sein einziger sozialer Kontakt. Das Leben ist Herbert zu eng geworden, denn eigentlich hasst er die Tankstelle, die Erinnerungen und die ständige Anwesenheit seiner Mutter. Aber erst als Hilde daherradelt, eine wahrscheinlich ziemlich unästhetische und durchschnittliche Person, schöpft er Lebensmut und nähert sich ihr in einer urkomischen und bemitleidenswerten Hilflosigkeit. Doch Hilde erwidert die Liebe, erträgt seine Eigenheiten und bricht mit ihm in das große Abenteuer auf, um das Glück zu suchen. Denn das wohnt nicht in der Tankstelle oder in dem kleinen Dorf an der Landstraße - es wohnt in der Ferne und man muss ihm hinterher. Ihre Flucht entpuppt sich schnell als ein großes Abenteuer angetrieben vom Drang nach Leben.
"Die weiteren Aussichten" erinnert in Absurdität, Eigenheit der Figuren und Ausgang an Seethalers ersten Roman "Die Biene und der Kurt", eine schrullige und kurzweilige Road Story über die Liebe in ihrer merkwürdigsten Form.



Hier geht es zu meiner Rezension von Seethalers "Die Biene und Kurt"
Hier geht es zu meiner Rezension von Seethalers "Der Trafikant"
Hier geht zu meinem Besuch einer lit.Cologne-Lesung mit Robert Seethaler