Donnerstag, 31. Dezember 2015

Gedanken zum Jahreswechsel 2015

Follow my blog with Bloglovin Selber Ort, gleicher Tag, zwölf Monate später. Wieder ist ein Jahr vergangen und es ist Zeit für die Bilanz. Ich bin auf Sylt, im Urlaub mit Verwandten, wie jedes Jahr. Trotzdem ist etwas anders - ich bin anders. Gleich werde ich zum Strand gehen und das Feuerwerk ansehen. Ich weiß noch genau wie ich heute vor einem Jahr dort gestanden, und mit großer Sorge in die Zukunft geschaut habe. Damals lag das Bestehen das Führerscheins wie ein riesiger Berg vor mir, den ich mir niemals vorstellen konnte zu besteigen. Ein Jahr später sitze ich hintern Steuer auf der Reise nach Sylt.
An 2015 hatte ich keine hohen Erwartungen, keine großen Pläne. 2014 ist ein so tolles und erfahrungsreiches Jahr gewesen, besser hätte es nicht gehen können - dachte ich. Das letzte Jahr war so unerwartet großartig, aufregend und voller Leben. Es war das schwerste und anstregendste Jahr meines Lebens - aber gleichzeitig das beste. Ich bin dankbar für all die Reisen die ich unternehmen konnte: Italien, Berlin, USA, Lübeck, London, Sylt. Die beiden Wochen in Amerika haben mich besonders geprägt, werden mich immer begleiten. Das erste Mal allein unterwegs, sehe ich mich immer noch am New Yorker Flughafen stehen, Blick auf die Skyline voller Unglauben und Aufregung. Ich durfte tolle Orte kennen lernen, wie New York oder Mailand und interessante Menschen treffen. Aus der Zeit in Italien habe ich eine besondere Freundin gewonnen, der Mädelstrip nach Lübeck war ein gewagtes Experiment, und der Tag in London wird meiner Freundin und mir immer in Erinnerung bleiben. Das Highlight des Jahres waren die vier Tage Journalismusseminar in Düsseldorf - hier habe ich tolle Menschen kennengelernt, und freue mich einige von ihnen im März bei einer weiteren Veranstaltung in Berlin wiedersehen zu können.
Das nächste Jahr wird das alles verändernde werden. Mein Ziel ist das Abitur, der Weg steinig. Es ist das gleiche Gefühl wie bei dem Führerschein, nur erscheint der Schulabschluss ein Stück größer und wichtiger. Ich werde Entscheidungen fürs Leben treffen müssen; Studium, Ausziehen, eigenständig werden - Herausforderungen, die es irgendwie zu meistern gilt. Wo werde ich im nächsten Jahr um diese Zeit sein? Wieder auf Sylt? Ich kann es mir nicht vorstellen denn die nächsten zwölf Monate sind so ungewiss wie noch nie in meinem Leben.
Wie es mit meinem Blog weitergeht? Ich weiß es nicht. Ich möchte nicht aufgeben und auch ohne große Leserschaft weitermachen. An dieser Stelle möchte ich mich auch bei einem großen Unterstützer bedanken, Moopenheimers Museum!

Ich wünsche Euch wundervolles, anregendes und erfülltes neues Jahr, habt Spaß beim feiern!



Mittwoch, 23. Dezember 2015

Tagebücher des Victor Klemperer (1944)

"Ich will Zeugnis ablegen bis zum letzten"

"Heute bin ich durchaus nicht sicher, dass "er" in diesem Jahr erledigt wird. Resistent, Tyrannei, Dummheit sind alle drei grenzenlos." (01.Januar 1944)
Klemperer ist und bleibt Realist, versucht sich so wenig wie möglich von der "vox populi" beeinflussen oder falsche Hoffnungen machen zu lassen. Die Bevölkerung ist gespalten in fanatische Anhänger Hitlers, die sich von der rechten Propaganda und den vermeintlichen Kriegserfolgen befeuern lassen, und in verdeckte Antinazisten. Doch es gibt immer mehr Menschen, die ihm auf offener Straße Worte des Trostes zusprechen.


"In der Kriegsführung mögen sich die Nationalsozialismus verrechnet haben, in der Propaganda nicht. Ich muss mir immer wieder Hitlers Worte ins Gedächtnis rufen, er rede nicht mit Professoren." (19. März 1944)
Die Nationalsozialisten setzen in ihrer Kriegsführung nun verstärkt auf ihre auf  grenzenlos primitive und verwerfliche Stimmungsmache. Kriegsniederlagen werden vertuscht, mit Vergeltungsdrohungen abgewiesen und das "Weltjudentum" für das Kriegsleid verantwortlich gemacht. Das letzte Kriegsjahr erfordert stärkere Propaganda denn je, es gibt Gerüchte über eine Invasion der Alliierten und die Zurückdrängung der deutschen Truppen an den Fronten. Klemperer notiert immer mehr über die LTI, die Sprache des dritten Reichs. Den Fluch der Superlative, Pejorative und der Einfältigkeit des Wortschatzes durch primitive und radikale Steigerung von vorhandenen Worten durchschaut er mit intellektueller Überlegenheit, und benennt anhand von Meldungen aus dem "Reich" oder dem Heeresbericht die Absurditäten des nationalsozialistischen Sprachgebrauchs.


"Es kommt nicht auf den großen Schlag an, sondern auf den Alltag der Tyrannei, der vergessen wird. Tausend Mückenstiche sind schlimmer als ein  Schlag auf den Kopf." (08. April 1944) 
 Das Leben der Juden in Deutschland ist gefährdeter denn je. Fast täglich hört Klemperer von Deportationen - bringt die Gestapo sie erst nach Theresienstadt, fahren sie direkt in Tod nach Auschwitz, überleben sie den Aufenthalt auf der Gestapozentrale? Klemperer unternimmt Spaziergänge zum jüdischen Friedhof, wo er mit den Arbeitern "die Lage berät" und Neuigkeiten erfährt. Zeitungen beschafft er sich durch Freunde und Bekannte. Täglich tauscht er sich mit ihnen über die aktuelle Kriegslage aus.

"Man sehe in Berlin keine Sternjuden. Die Gestapo sei damit einverstanden, drücke mindestens beide Augen zu. Der Stern wird nicht getragen oder versteckt. (...) Sei die Gestapo durch eine Denunziation zum Einschreiten gezwungen, dann erhalte der Angezeigte zuerst eine Verwarnung, danach eine Geldstrafe... Bei uns dagegen kostet der verdeckte Stern unweigerlich via KZ das Leben.-" (1. Mai 1944) 
In Zeiten in denen das Zeitung lesen und Radio hören für Juden verboten ist, die Hoffnungen auf ein baldiges Ende überschwellen, und die Propaganda der Nationalsozialisten Niederlagen verschleiert, ist es schwer, Erfundenes von Wahrheit zu trennen; Gerüchte von tatsächlichen Ereignissen. Die vox populi neigt zu Übertreibungen, die vox judae, überschwänglich ein baldiges Ende herbeisehnend dazu, nationalsozialistische Gräueltataten gegenüber Juden überspitzt darzustellen oder vermeintliche Erfolge vorschnell als Indiz für ein baldiges Kriegsende zu werten. Klemperers Herz sehne das Ende des Leidens herbei, der Verstand aber könne nicht daran glauben. Seine Rationalität bewahrt ihn vor allzu großen Enttäuschungen.


"Wie viel Arbeit werde ich mit einem Auge leisten können. Und wie viel Zeit bleibt mir? Ursache wahrscheinlich Zucker - daher der qualvolle Durst in der letzen Zeit. Hergang: ein minimaler aber doch ernster Schlaganfall. Ich habe gehofft, an der Angina auf eine anständige Weise zu sterben. Was macht der zweite Schlaganfall aus mir? Einen Haufen Blödsinn im beschissenem Bette, wie aus Grete, wie aus Vater? Soll sich Eva vor mir ekeln oder mit mir plagen? Aber ich habe kein Veronal, ich habe keinen Mut, und ich muss ja das 3.Reich zu überleben suchen, damit Evas Witwenpension sichergestellt wird." (6. Mai 1944)
Klemperer leistet seit dreizehn Monaten Fabrikdienst - aktuell in einer Papierverarbeitungsfirma. Das Pensum schafft er längst nicht, das Abzählen fällt ihm schwer. Die stumpfsinnige und eintönige Arbeit ist reine Zeitverschwendung für den Professor, der immer noch seinen philologischen Studien nachgeht und intellektuell anspruchsvolle Arbeit gewohnt ist. Zudem folgt nach einem leichten Schlaganfall in Folge seiner Angina eine einsetzende Augenlähmung, die ihm selbst den verbliebenen Rest seiner philologischen Tätigkeit zu nehmen droht. Klemperer ist aussichtsloser denn je, in der Fabrik muss er Nachtdienst übernehmen. Schlafmangel, Augenleiden und Herzleiden, das sich durch das regelmäßige beschwerliche Kohlenbeschaffen in der Stadt nur verschlimmert, rauben ihm jegliche Perspektive. In seinem Tagebuch schreibt er offen über Selbstmord.


"Ob nicht das ganze in der Hauptsache zur Ablenkung und Beruhigung des deutschen Publikums "aufgezogen" ist, und dabei unsicherer aufgezogen ist, wie es früher üblich war? oder sehe ich das zu rosig. Die Schlacht in der Normandie schwankt, in Italien kommt England rasch vorwärts, in Südrussland ist es immer noch still, in Finnland gewinnen die Russen Boden- welches Fazit sollte man ziehen? Ich urteile je nach Stimmung, alle paar Stunden anders. -" (19. Juni 1944)
Der Friedhof wird zur Nachrichtenzentrale und wichtigsten Anlaufpunkt für die Beschaffung von Neuigkeiten. Aber jeder Gang nach draußen mit seinem Judenstern bedeutet für Klemperer eine große Überwindung. Nur ein Bespiel für die Grausamkeit gegenüber den Juden: Neben dem Judenhaus wurde ein Lager für russische Gefangene errichtet, und erst kürzlich wurde eine ganze Familie nach Theresienstadt deportiert weil die Tochter ein Verhältnis mit einem Häftling führte.
Klemperer lässt sich auf Grund seines Herzleidens bei seinem Arzt von Arbeitsdienst befreien, stellt einen Antrag auf komplette Dienstentpflichtung. Er klammert sich an die Hoffnung, so mehr Zeit für seine Studien zu haben, doch der Zweifel an der Sinnhaftigkeit und Qualität seiner Arbeit bleibt.


"Seit gestern von dem Gefühl beherrscht: vor dreißig Jahren! Daran schließt sich zuerst immerfort die Betrachtung des Altseins, Am-Ende-Stehens, Keinen-Anspruch-mehr-Haben. Aber es fehlt mir doch so ganz, was ich mir immer als Reife des Alters vorgestellt habe, ich bin weder satt, noch müde, noch irgendwie dem Letzten gegenüber ruhig. Nur absolut skeptisch. - Den Krieg anlangend, so scheint es mir eine grausame Ironie des Schicksals, dass die Russen Ostpreußen gegenüber genau da stehen, wo sie am 1.8.14 standen. Wer soll ihnen heute noch ein Tannenberg bereiten? Sieht man nur auf die Heeresberichte der allerletzten Tage: Normandie, Augustuswo, Warschau, dazu seit gestern Beskidenpaß und Schwanken der Türkei - so muss man sich sagen, dass der Krieg nur noch Wochen dauern kann. Liest man dann die Zeitungsartikel, Reden, Erlasse, so ist auf Jahre hinaus vorgesorgt, die Tyrannei unerschüttert und unerschütterlich, der "Endsieg" trotz aller momentanen "Krisen" - Krise ist das aktuelle Beschönigungswort für "Niederlage" - absolut sicher. Und da diese eiserne Stirn und dies einhämmernde Wiederholen selbst mich beeinflusst, wie sollte es die Masse des Volkes unbeeinflusst lassen? Ich sage mir immer wieder: Sie haben sich so lange gegen alle Natur und Berechnung gehalten, warum nicht noch ein Jahr länger?" (02. August 1944)
Die Gerüchte über die Invasion der Aliierten haben sich bestätigt, die Deutschen Truppen schlagen mit der Vergeltungswaffe "V1" zurück. Die Nationalsozialisten propagieren anhaltende Kriegserfolge, die berichten Zurückdrängung der deutschen Fronten. Klemperer vergleicht die propagandistische Berichterstattung im "Reich" regelmäßig mit der anderer Zeitungen, um die Situation möglichst realistisch einschätzen zu können. Er hat die Vermutung, Deutschland halte die Stellungen an der Ostfront nur so kämpferisch aufrecht, damit es bei einer Eroberung durch die Alliierten nicht den Russen in die Hände falle. Währenddessen wächst das Misstrauen der Juden untereinander, jedes kleinste Vergehen kann sie das Leben kosten.
Am 24.Juni ist Klemperer nach vierzehn Monaten vom Arbeitsdienst befreit worden. Doch die Erleichterung überschattet die dunkle Vermutung, der Arzt habe ihn nur freigestellt, weil er keine lange Lebensdauer für ihn voraussehe....


"Evas Geburtstag. Meine Hände wieder ganz leer, nicht einmal eine Blume." (12. Juli 1944) 
Geburtstage, Hochzeitstage, Feiertage werden von den aktuellen Kriegsereignissen in den Hintergrund gerückt. Klemperer notiert überwiegend die aktuellen Kriegsmeldungen und neue Deportationen. Statt persönliches Befinden oder Alltagsleben protokolliert er die Gespräche über das Fortschreiten der Invasion oder die Fliegerangriffe auf Deutschland akribisch.
Er verzeichnet auch eine Veränderung der Todesanzeigen: Während früher der Heldentod eines jeden Soldaten in einer eigenen Anzeige glorifiziert wurde, werden nun bloß noch die Namenslisten der Gefallenen gedruckt.


"Ich will bis zum letzen Augenblick weiter beobachten, notieren, studieren. Angst hilft nichts, und alles ist Schicksal. (Aber natürlich packt mich doch von Zeit zu Zeit die Angst. So gestern im Keller, als die Amerikaner brummten)." (22. Juli 1944) 
Mit dem Schreiben seines Tagebuchs bringt er nicht nur sich selbst, sondern auch jegliche Personen, die er darin namentlich erwähnt, in Lebensgefahr. Die Manuskriptseiten bringt Eva zwar regelmäßig zu einer arischen Bekannten, doch auch dort sind sie im Falle eines Fliegerangriffes genauso gefärdet. Aber Klemperer gibt das Dokumentieren nicht auf, das Tagebuch ist sein Art, Widerstand zu leisten.
Es gibt mittlerweile Gerüchte um die Auflösung von Mischehen und die anschließende Deportation jüdischer Ehemänner in KZs.  Dresden ist jetzt von regelmäßigem Fliegeralarm betroffen, ein längerer Aufenthalt im Luftschutzkeller war aber noch nicht notwendig. Bis zum Oktober wird Dresden von Fliegerbomben verschont bleiben als eine der wenigen so lange verschont gebliebenen Großstädte Deutschlands.


 "Also Seuchenverdacht. Aber das Gesundheitsamt gibt nichts bekannt. Wer den Verdacht ausspräche wäre Defätist. Auch ist es jetzt, wo Tod an der Front und über den Städten wütet, einerlei, ob noch ein apokalyptischer Reiter zu den anderen stößt. Auch fehlt es an Ärzten, Platz in Krankenhäusern und Arzneien." (30. November 1944)
Im Judenhaus sind gleich zwei Bewohner einer Seuche zum Opfer gefallen. Offiziell heißt es, sie seien an einer septischen Angina gestorben, da die Folgen der Äußerung eines Seuchenverdachts für die Bewohner unberechenbar wären. Das Haus muss desinfiziert werden um die Gefahr einer Ausbreitung einzudämmen. Über den Tod der zwei Freunde schreibt Klemperer nüchtern und distanziert, gar erschreckend kalt. Er versucht sich von deren Schicksal nicht berühren zu lassen, um sich selbst zu schützen.


"Das einzige wesentliche Datum war für mich der 24.Juni. Der Tag meiner Entpflichtung. Seitdem bin ich die Fabriksklaverei los, seitdem habe ich - erst fiel's mir schwer, jetzt bin ich's wieder gewohnt - ausgiebiger für mich arbeiten können. d.h.: aufs Geratewohl Lektüreschreiben sub specie LTI. Aber seit 24.Juni stehe ich auch sehr bewusst unter doppeltem Todesurteil: Wenn ich nicht sehr herzleidend wäre, hätte Katz diese Dienstentpflichtung nicht beantragen und nicht durchsetzen können (freilich half wohl auch die Augenlähmung ein bisschen mit, die sich inzwischen fraglos ein wenig gebessert hat.) Sodann! Wenn es zur Evakuierung Dresdens kommt, würde mich als Arbeitsfähig irgendwo schanzen müssen, während ich nutzloser Judengreis fraglos beseitigt werde. der Zukunft stehe mit geringer Hoffnung und stumpf gegenüber. es ist sehr fraglich wann der krieg zu ende sein wird (obschon im Augenblick die deutsche Chance bei stockender Westoffensive und verlorenem Budapest wieder gesunken ist). Und es ist mir noch fraglicher, ob ich aus dem Frieden nicht etwas werde herausholen können, da ich doch offenbar am Ende meines Lebens stehe. - Irgendwie mich mit dem Todesgedanken abfinden zu können vermag ich nicht; religiöse und philosophische Tröstungen sind mir vollkommen versagt. es handelt sich nur darum, Haltung bis zuletzt zu bewahren. Bestes Mittel dafür ist die Versenkung in Studium, als hätte das Stoffspeichern wirklich Zweck. Dunkel drückend ist auch meine Finanzlage: Bis zum April, bestimmt nicht länger, reicht mein Bankkonto. Aber diese Geldsorge bedrückt mich wenig. Sie scheint mir klein, wo ich mich immer, und zweifach, dreifach, in unmittelbarer Todesnähe sehe. Sehr enttäuschend geht das Jahr zu Ende. Bis in den Herbst hinein habe ich, hat die ganz Welt es für sicher gehalten, dass der Krieg bis Jahresende fertig sei: Jetzt ist das allgemeine Gefühl und auch meines: vielleicht in ein paar Monaten, vielleicht in zwei Jahren. Zweiter Silvesteralarm, ohne Keller  22.15 Uhr bis 22.30 Uhr. Wir wollten gerade schlafen gehen." (31. Dezember 1944) 

Dienstag, 15. Dezember 2015

Tagebücher des Victor Klemperer (1943)

"Ich will Zeugnis ablegen bis zum letzten."

"Aber im Innersten bin ich recht hoffnungslos. Ich vermag mir gar nicht vorzustellen, wie ich noch einmal sternlos als freier Mann und in leidlicher Wirtschaftslage leben könne." (1. Januar 1943)
Das Ende des Kriegs liegt fern - Klemperer hat sich mit seinem Leben unter dem Nationalsozialistischen Terror so weit arrangiert, dass er sich einen Alltag in Frieden nicht mehr vorstellen kann.


"Es ist gar nicht zu sagen, wie sehr mir der Abreißkalender fehlt. Die Zeit steht still." (3. Januar 1943) 
Die Papiernot ist so groß, dass nun auch Kalender gestrichen werden. Die Stunden und Tage vergehen für Klemperer nun noch langsamer, unerträglicher. Währenddessen fordert Goebbels die Menschen zum absoluten Patriotismus auf, und plädiert für die Vereinigung von Nationalismus und Religion.


"-die Tage vergehen rasch und einförmig. Viele Gedanken absorbiert das Essen - Kartoffelnot und Hunger und Müdigkeit. Stagnierender Krieg." (13. Januar 1943) 
Die vox populi scheint sich zu ändern, man wünsche sich ein rasches Ende des Krieges zur Errettung der Juden. Auch die LTI (Sprache des Dritten Reichs) ändert sich: Statt vom "Sieg" spricht man jetzt vom "aushalten".


Juden, ohne den Druck des Antsemitismus oder und vor allem ohne die Furcht vor diesem Druck werden in ihrem gesamten Fühlen und Denken andere Menschen sein -  sie werden aufgehört haben, Juden zu sein sie werden ganz zu den Nationen gehören, in deren Mitte sie leben." (28. Jnuar 1943)
Die Unsicherheit treibe die Juden in den Internationalismus, in den Zionismus und auf der anderen Seite hinter die Mauern der Ghettos.
Außerdem machen es die Undurchschaubarkeit und Ungenauigkeit der Judengesetze den Juden leicht, gegen die Gebote zu verstoßen. Immer wieder kommen neue hinzu ohne die Betroffenen darüber zu informieren. "Irgendwas wird er wohl gemacht haben" - Verhaftungen geschehen ohne ersichtlichen Grund.
Die Sommeroffensive scheitert, die Front wird verkleinert. Im Lebensmittelgeschäft kommt man Klemperers oft entgegen. Auch die jüngeren Hitlerjungen sind meist freundlich.


"Ich lebe noch ich lebe noch ich lebe noch!" Darauf schränkt sich auch mein Empfinden; je nach Stimmung, von Stunde zu Stunde wechselnd, liegt der Ton auf "lebe" und "noch"." (28. Februar 1943) 
Fast alle Juden werden evakuiert und in Arbeitslager deportiert. Klemperer als in Mischehe mit einer Arierin lebend ist nicht betroffen.
Goebbels hat vor zehn Tagen den totalen Krieg erklärt.


"Es ist das Gute am Übermaß an Sorgen, dass man gegen sie, jedenfalls gegen jede, die nicht unmittelbar drängt,erstaunlich abstumpft." (04. März 1943) 
 Es geht das Gerücht um, Mischehen würden geschieden werden. Klemperer berät die Lage mit Bekannten auf dem jüdischen Friedhof: Entweder die Frauen würden Jüdinnen, und beide würden evakuiert, oder die Frau würde sich scheiden und nur der Mann müsste in ein Lager. In beiden Fällen würden Victor und Eva getrennt werden. Eva soll lieber retten was zu retten ist.


"Bei allem Variieren zermürbende Stagnation und dasselbigkeit. Immerfort Kämpfe im Osten,Rückzug an der einen, glückliche Gegenoffensiven an der anderen Stelle, immerfort Ruhe im Westen, immerfort Gerede von innerer Zuspitzung, immerfort Ruhe und Terror -  Ruhe der Bevölkerung, Terror der Regierung. Immerfort extrem optimistische und extrem pessimistische Stimmungen der Juden." (10. März 1943)
Klemperer befürchtet in einer neuen Unterkunft  zusammengedrängt mit anderen Mischeheleuten leben zu müssen. Außerdem fürchtet er sich vor dem Arbeitsdienst und der Unterbrechung seines Studiums. Auch die Nahrungsmittelknappheit sorgt ihn sehr, die Vorräte würden keinen Monat lang ausreichen.
Der Preis für ein Pfund Kaffee liegt auf dem Schwarzmarkt bei 200 Mark. Niemand glaubt mehr an den Wert des Geldes nach dem Krieg.


"Es erschüttert mich einigermaßen. es ist doch Todesgewissheit in sehr absehbarer Zeit. Ich habe in früheren Jahren gehofft, ich würde "später" dem Tod philosophischer gegenüberstehen; nun bin ich einundsechzig Jahre und so unruhig und bedrückt wie je. (...) Es fällt mir schwer, so weiterzuarbeiten, als wenn mir Zeit bliebe, etwas zu vollenden. Aber Arbeiten ist das beste Vergessen." (15. März 1944)
Klemperer hat eine Verengung der Herzgefäße, eine Angina, diagnostiziert bekommen. Er sieht sich jetzt auf eine andere Weise mit dem Tod konfrontiert. Er ist oft müde und erschöpft, das fast tägliche  und oft nicht erfolgreiche Kohlebeschaffen und die Fußwege strengen ihn an.


"Jede Stunde kann es mich treffen. Und dann in de Zelle sitzen und von Minute zu Minute auf den Henker warten, vielleicht einen Tag, vielleicht Wochen, vielleicht erwürgt mich hier auch niemand ("erhänge ich mich nicht"), sondern ich sterbe erst auf dem Weg ins KZ ("bei Fluchtversuch erschossen", oder in Auschwitz selber an "Insuffizienz des Herzmuskels. Es ist so entsetzlich, das in allen Einzelheiten auszudenken im Bezug auf mich, im Bezug auf Eva. Ich dränge es immer wieder zurück, will jeden Tag, jede Stunde ausnutzen.Vielleicht überlebe ich doch."            (25. April 1943)
Es ist Ostersonntag, Klemperer notiert im selben Einrag die Verhaftungen und den Tod von Mitarbeitern. Er gibt sich fatalistisch, doch eine winzige Hoffnung behält er. Die wirklichen Todesursachen der Verhafteten gelangen nicht an die Öffentlichkeit, Morde werden verschleiert, das Volk nicht beunruhigt. Die Judenheit stumpfe immer weiter ab und gewöhne sich an die Unterdrückung: die Verhafteten seien selbst schuld, wenn sie sich nicht streng an die Einhaltung der immer neuen Gesetze sorgten.


"Niemand kann aus der Geschichte lernen weil sie sich nie wirklich und ganz ohne Variante wiederholt. Vielleicht ist Geschichtskenntnis geradezu schädlich: sie macht befangen.Vielleicht ist es mit dem Geschichtswissen wie mit der Askese: beide machen unfrei." (22. Juni 1943)
Klemperer ist zum Arbeitsdienst in einer Tee- und Heilbäderherstellungsfirma einberufen worden. Der Stumpfsinn der eintönigen Beschäftigung ist für ihn eine Geistlosigkeit, er trauert um die verlorene Zeit; sein Stundenlohn beträgt nach den Abzügen 35 bis 40 Pfennig.


"Seit dem 9.10.34 sagte ich an jedem Geburtstag 'nächstes Jahr sind wir frei' es stimmte nie! Diesmal sieht es so aus als müsste das Ende nah sein. Aber sie haben sich so oft, vom Röhmfall an, gegen alle Naturmöglichkeiten gehalten. Warum sollten se nicht noch weitere zwei Jahre Krieg führen und morden? Ich habe keine Zuversicht mehr. Inzwischen werden wir nun ins dritte Judenhaus ziehen und diesmal den Kopf in die engste Schlinge stecken. In der Zeughausstraße wird der zusammengestopfte Judenrest in ein paar Minuten erledigt, wenn es der Gestapo passt." (9. Oktober 1943)
Eine verordnete Umsiedelung bereitet Klemperers große Sorgen. Erneutes Arrangement mit neuem Mitbewohnern, kleinerer Lebensraum und größere Angriffsfläche für die Gestapo. Daneben die große Lebensmittelnot - Kartoffeln sind das einzige Nahrungsmittel das Victor und Eva durch Betteln und mit den wenigen Marken beschaffen können. Die jüdische Kleiderkammer ist verstaatlicht worden, Klemperer muss einen schriftlichen Antrag darauf stellen, seine zerschlissenden Pullover, Socken und Hose ersetzen zu lassen. Außerdem ist Eva leidet schwer an Fieber und Ermüdung. Sie muss für ein paar Tage ins Krankenhaus, erholt sich dort gut. Aber die Angst Victors, ihr könne etwas passieren und er ohne arische Ehefrau völlig schutzlos zu sein, quält ihn sehr.
Der jüdische Friedhof wird für ihn zur Nachrichtenzentrale, überall sonst die Gefahr zu groß, dass Informationsaustausch als "Greuelpropaganda" aufgefasst wird.

Mittwoch, 2. Dezember 2015

journalistische Nachwuschsförderung der Konrad-Adenauer-Stiftung: Radio-Seminar in Düsseldorf


Viele Wege führen nach Rom -und in den Journalismus! Früh übt sich was ein Meister werden will, ein Sprichwort, das sich besonders Journalisten zu Herzen nehmen sollten. Ich habe mich für ein Seminar der Konrad-Adenauer -Stiftung angemeldet, und in der letzten Woche vier Tage in Düsseldorf verbracht. Radio -  so lautet das Thema des Intensivkurses. Vier Tage lang beschäftigen wir uns mit dem Hörfunk, die Trainerin ist eine freie Journalistin vom NDR. Wir, das sind 12 junge Menschen im Alter von 16 bis 18 Jahren, interessiert am Journalismus und der Neugier, neue Dinge auszuprobieren.

Donnerstag, 26.11.15: Ich fahre nach Düsseldorf. Eine Stadt, die gar nicht so weit von mit entfernt liegt, die ich aber trotzdem noch nie besucht habe. Die Jugendherberge, in der wir untergebracht sind, liegt auf der anderen Seite des Rheins, ich muss also ein paar Stationen mit der U-Bahn fahren - für ein Dorfkind wie mich eine ziemliche Herausforderung! Beim ersten Versuch nehme ich die Bahn in die falscher Richtung, komme aber doch noch gut an der Herberge an. Mein Zimmer dort teile ich mit mit einem Mädchen aus Berlin, wir verstehen uns gut, tauschen uns über unsere Erfahrungen aus. Am Nachmittag beginnt bereits der erste Theorie-Block des Seminars, die Trainerin führt uns in die Basics des Radio-Journalismus ein. Wir dürfen sowohl sie als auch den Seminarleiter duzen, es ist eine lockere Atmosphäre, schnell fassen wir Vertrauen zueinander.


















Freitag, 27.11.15: Ein Besuch beim WDR steht an. Darauf freue ich mich besonders, bin gespannt auf die Einblicke in den Fernsehjournalismus. Im Düsseldorfer Medienhafen steht das Glasgebilde, es ist das größte Regionalstudio des öffentlich-rechtlichen Senders. Die Führung bringt uns in ein Radiostudio und wir können ein Teile der Fernsehstudios durch eine große Glasscheibe von einer Galerie aus betrachten. Unten werden letzte Vorbereitungen für eine Sendung getroffen. Aber auch für uns wird es an diesem Tag praktisch: bewaffnet mit Mikrophon und Aufnahmegerät geht es in die Innenstadt zum Interviewtöne "holen". Wir wollen eine eigene kleine Radiosendung zum Thema "Weihnachtsblues" erstellen, zu der jeder von uns einen eigenen Beitrag zu einem frei gewählten Thema beisteuert. Einige entscheiden sich für Umfragen, z.B. zum Thema Weihnachtstraditionen, Sicherheit auf dem Weihnachtsmarkt oder Glühweinkonsum in der Adventszeit. Ich möchte mich mit Obdachlosigkeit in Düsseldorf beschäftigen, und wähle die Darstellungsform eines gebauten Beitrags; das heißt, ich möchte eigene Texte mit aufgenommenen O-Tönen mischen.















Eigentlich will ich dabei auch die Arbeit mit Obdachlosen beleuchten. Meine erste Anlaufstelle ist die Bahnhofsmission, dort habe ich leider keinen Erfolg: die Mitarbeiter dürfen mir keine Auskunft geben, bringen mich aber zum Bahnhofsvorplatz wo meine Interview-Reise beginnt. Ich treffe einige Punks und einen weiteren Obdachlosen, der mir im Gespräch erzählt, er habe die letzten 20 Jahre im Gefängnis verbracht - . Als nächstes fahre ich auf den Weihnachtsmarkt in die Altstadt. Dort interviewe ich zwei Pfandsammler, sowie ein paar Bettler in der Einkaufsstraße. Dort befrage ich auch einige Passanten nach ihrer Haltung zu Obdachlosen und den Einfluss der Weihnachtszeit auf ihre Geberlaune. Als es schon dunkel wird, fahre ich noch einmal zurück zum Bahnhof, hoffe, die Punker dort anzutreffen. Und tatsächlich - auf dem Vorplatz sitzt ein Mann mit Gitarre, "I wonna smoke" singt er dazu - "Was meinen Sie, sind die Drogenverdächtig?", fragt mich der alte Mann, der neben mir steht.. Und da sind sie, die Vorurteile gegen Unkonventionalität und Anderssein. In den Gesprächen, die ich an diesem Abend noch führe, erfahre ich viel über die Punksszene, vor allem aber über die Schicksale, die hinter den schwarzen Gestalten mit den bunten Haaren und Springerstiefeln stecken. Ein von ihnen, er sitzt im Rollstuhl und kann nur schwer sprechen, hat mit 14 Jahren sein Abitur geschafft, ein Studium abgeschlossen. Er hofft, an Weihnachten einmal Essen gehen zu können, wird an den Feiertagen wieder schnorren gehen.  Ein anderer ist erst 17 Jahre alt, wird bald Vater. Er hat den heiligen Abend noch nie gefeiert, wird auch in diesem Jahr wieder mit seinen Kumpels "einen saufen" gehen. Weihnachten ist für die meisten ein Tag wie jeder adere. Er ist genauso alt wie ich, und wir beide stellen diese Gemeinsamkeit überrascht fest - es sind zwei völlig unterschiedliche Lebenswelten, er wirkt so viel selbstständiger - auch in einer Weise reifer als ich. Er ist komplett auf sich allein gestellt, während ich es gewöhnt bin, immer meine Eltern im Rücken zu haben. Die Geschichten, die ich in nur vier Stunden Recherche erfahre, lassen mich nicht los. Schicksale und Menschen, die mir unglaublich leid tun, aber gleichzeitig viele neue Fragen aufwerfen. Die Offenheit der Menschen begeistert mich sehr, so viel Vertrauen und Freundlichkeit hatte ich nicht erwartet! Aber wie kann ich all die guten Töne in einem kurzen und knackigen Beitrag unterbringen? Ich habe Angst, den Geschichten nicht gerecht zu werden.




















Samstag, 28.November: Heute wird geschnitten: nach einer Einführung in das "Schreiben für's Hören", werden wir ins kalte Wasser in Sachen Technik geworfen. Ich bin vorher noch nie mit einem Schneideprogramm in Berührung gekommen, nun muss ich meine Interviewetöne schneiden, einen passenden Text schreiben, und einheitliche Atmosphäre darunter legen. Ich bin etwas überfordert, arbeite langsam. Das Manuskript, das heißt der geschriebene Text mit den ausgeschriebenen Interviewtönen, muss abgeliefert werde, und bei der Besprechung mit der Trainerin ist stellt sich heraus: mein Beitrag ist viel zu lang: fast 6 Minuten - dabei hätte ich locker eine viertel Stunde mit all den Aussagen und Eindrücken füllen können. Mein Beitrag wird gekürzt, danach geht es ans einsprechen: ein professionelles Mikrophon steht uns zum Aufnehmen unseres Textes zur Verfügung. Etwas befremdlich ist es, die eigene Stimme so klar und echt zu hören, eine völlig neue Erfahrung. Zuletzt wird das Gesagte zwischen die Interviewtöne geschnitten. Ich sitze bis 12 Uhr in der Nacht an meiner Reportage, und bin froh, sie nach anfänglichen Startschwierigkeiten doch zusammengebastelt bekommen zu haben.
Es ist der letzte Abend und eigentlich hatten wir uns vorgenommen, noch einmal in die Stadt zu fahren, entscheiden uns aber doch dazu, den Abend in einem der Zimmer ausklingen zu lassen. Es ist noch eine wunderschöne Zeit - wir verstehen uns untereinander so gut, obwohl wir uns erst seit 3 Tagen kennen. Morgens um vier gehen wir noch gemeinsam auf die Rheinbrücke - warum genau weiß ich auch nicht so genau - aber das Gefühl dort war unbeschreiblich. Eine tolle Zeit hinter uns, bleibende Erfahrungen interessante Bekanntschaften im Gepäck, leuchtet die nächtliche Düsseldorfer Skyline auf, und wir fühlen uns gut!




















Sonntag, 29.November: Nach einer kurzen Nacht hören wir uns am Morgen die fertige Radiosendung an. Unsere Trainerin hatte bis tief in die Nacht daran gearbeitet, alle Beiträge zusammen zu schneiden. Eine richtige Sendung ist entstanden, es gibt Moderatoren, Nachrichten und interessanten Themen rund um das Weihnachtsfest. Am Ende läuft Mariah Careys "All I want for Christmas" und man kann die Freude und Erleichterung in unseren Gesichtern sehen. Jetzt kann Weihnachtszeit kommen!

Hier geht es zur Seite der KAS-Medienwerkstatt, mit vielen interessanten Angeboten für Schülern, die sich für den Journalismus interessieren!

Donnerstag, 5. November 2015

The Circle - Dave Eggers (Review in English)

For my English Leistungskurs class I had to read this novel in connection with the topic utopia/distopia and modern technologies, and it turned out to build up an awareness for not only the use of techology but also the responsible reflection of the age we are living in. Of course I wanted to wirite a review about it, but due to the fact that we had to read the English version of the book, I decided to also wirte my review in English:


  • author: Dave Eggers
  • publishing house: penguin 
  • published: 24 April 2014
  • numb.er of pages: 512
  • price: 8.99 Pounds
  • ISBN: 978-0-241-14650-7 
  • Deutsche Ausgabe:
  • Verlag: Kiepenheuer & Witsch 
  • Seitenanzahl: 542
  • Preis: 10,99 Euro (Taschenbuch)
  • ISBN: 978-3-462-04854  

About the Author

Dave Eggers founded the "McSweeney's", an independent publishing house based in San Francisco. He has already written seven previous books, including "A Hologram for the King", wich reached the final round for the National Book Award in 2012, "Zeitoun", which is the winner of the American Book Award and the Dayton Literary Peace Prize, and "What is the What", which was a finalist for the 2006 National Book Critics Circle Award and won the France's Prix Médicis.

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One company, one aim, and the power over society. A society, where people are no longer diginfied in their privacy, individuality or interests. People are trackable, capable and overall seethrough. The internet has developed into a tangeled web with unlimited possibilities to explore, analyse and explain the world. But customers can only use its benefits if they accept the shadows:
Mae is a young woman in her twenties, full of dreams, hopes and depression in her old job and odd hometown. Through her best friend Annie, one of the top fourty members of the company, she gets a position at the most improtant instrument of the internet, the connector of modern life, the Circle. She is overwhelmed by the magnitude, significance and power of the company, that soon developes into her home, social life, and place to be - just like it intends to be for it's employees. "Humans work here" is one of the most important divises for the more than 10.000 Circlers, who are supposed to be be bound as close as possible to the company to assimilate the philosophy, world outlook and not scrutinise any of their propositions. It is a ingenious brainwash-system, Mae gets throgh and soon develops into one of the most important instruments of the coorprate management, the most influencial rank for the world outside the Circle. When she arrives at the company, she works her way up from the customer experience to the prototype of a transparent human. She releases all of her privacy and with the camera chain around her neck she shows millions of people everyday how the Circle improves the standart of living in the technological world it creates. Work becomes essential for her, she is captured by the company, and gets deeper and deeper into the idea of an idealistic utopia, where humans have no right of their privancy, can be found wherever they hide and regulate politics with their direct opinion. The Circle is about to engross everyone in it's system, and to invent a total new ethik - the way of life in the technological age - where sharing is mandatory, socialising is obligation. No one can escape the eyes of the Circle and it's supporters, and one of Mae's closest friends rather dies than beeing a bolt of the unstoppable machine. Even when she gets the chance to stop the instrument, she has lost any awareness of what the dangerous changes in human life will lead to. She is one of the Circle's captains and maneuvers the armada into a regime of a totalitarian monopoly. Dave Eggers creates a fourious and shocking realistic version of a distopia, closer to our reality than we would ever want it to be.

Personal opinion

A company that regulates most of our online activity? - could be Google. A socialising system where participation is duty? - our dependency from what’s app and facebook. A health care system where the personal data is watched improved and is always available for everyone? - smartwatches. A tracking system to follow everyone to any place, to get rid of privacy? - GPS data that get stored from our smartphone without us even knowing it. The scenario Eggers thinks of seems to me as a further developed version of our society. In the Circle company, politics is ran over the enterprise, politicians are set under pressure to get transparent because of their responsibility for the voters. Can it even get more absurd? Of course we are far away from that today, but Eggers wants us to think about how dependent we have already made ourselves on technology, companies and virtual communication. It is an irresistible maelstrom of more and more inventions to realise the three dogmas of the wise men, the founders of the company: 'Secrets are lies, sharing is caring and privacy is theft.' Through cameras all over the planet and chips in human bodies the world is supposed to be made visible, see-through and capable. Mae and most users of the Circle services got rid of any criticism and even ability for realistic evaluations and only consider the increase of living standard it goes along with. Don't we know this behaviour ourselves? We download an app without being aware of the interferences in our personal data. In some points we are already building up a society like it is depicted in the book. Still, we are probably way to enlighted to let our policy get ruled by an internet enterprise, hopefully. Dave Eggers' book could be the novel of our age, a more realistic continuation of "Brave New World" and "1984", but surely it is an important warning to everyone that takes the internet for self-evident. He illustrates the consequences of a jaunty use of modern technology by creating an intensive, shocking realistic portrait of human behaviour - a warning we should take serious.

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Dienstag, 3. November 2015

Lovely London - 48h trip nach England

Eine Weltstadt wie London kann man nicht in 12 Stunden erkunden, zumindest aber kann man sich einen ersten Eindruck verschaffen.
London wurde vor 2000 Jahren von den Römern gegründet, und teilt sich grob in zwei Bezirke auf: die City of London und die City of Westminster, auch "Westend" genannt. Die City of London beherbergt 560 Banken, 300.000 Menschen kommen jeden Tag zur Arbeit dort hin. Westminster ist benannt nach dem gleichnamigen Lord, vierzig Theater befinden sich dort. In London leben laut Schätzungen insgesamt 8,2 Millionen Menschen.



Die Burganlage, die in ihrer Gesamtheit "Tower of London" genannt wird, beherbergt 20 Türme und wurde im Jahr 1066 von König Wilhelm erbaut. Der war Franzose, und hatte sich um den Streit um den Königsthron gegen Harald in der Hastings-Schlacht durchgesetzt. Dementsprechend unbeliebt war er bei der englischen Bevölkerung; er setze die französische Sprache und Gesetze ein und führte Steuererhöhungen durch. Der eigentliche Tower der Burganlage, der "White Tower", fungierte damals als Gefängnis für die Gegner des Königs. Heute werden darin die Kronjuwelen der Queen aufbewahrt. 



Der Buckingham Palace ist im Jahr 1836 von Queen Victoria als Königssitz festgelegt worden. Die Es ist Wochenende und die britische Flagge weht, das heißt, die Queen ist nach Schloss Windsor gefahren.Wird allerdings die königliche Flagge auf dem Palast gehisst, befindet sie sich in London. 






















Seit 2012 heißt der Glockenturm des Parlaments "Elisabeth Tower". Trotzdem ist er den meisten Menschen weiterhin unter dem Namen "Big Ben" bekennt.



 Im Vorhof der Westminster Abbey reihen Menschen kleine Kreuze mit Mohnblumen aneinander, sogenannte "remembrance poppies". In Gedenken an Kriegsveteranen und ihre Familien, besonders an die Opfer der beiden Weltkriege, kann man gegen eine Spende kleine Ansteck-Mohnblume erhalten.





Die Säule auf dem Trafalgar Square erinnert an berühmte Seeschlacht des Admiral Nelson gegen Napoleon. Nelson selbst liegt in  Saint Paul's Cathedral begraben. 
An diesem Wochenende findet das Finale der Rugby WM in England statt, und Trafalgar Square wird zur Fanmeile umfunktioniert. Fernsehübertragungen, Attraktionen und Gastronomie  mitten auf dem zentralen Platz in London.













Der perfekte Ort für ein Mittagessen: Sandwich mit Würstchen, Bacon und Rührei- typisch englisch.



































Die National Gallery am Trafalgar Square bietet die bedeutendste Kunstsammlung des Landes - das nötige Kulturprogramm für unseren Trip ohne etwas dafür bezahlen zu müssen. Obwohl ich selbst ein kleiner Kunstbanause bin, war aber trotzdem begeistert von der monumentalen Innenarchitektur des Gebäudes und der Atmosphäre die von anderen Zeiten und Kulturen erzählt.




Chinatown im Stadtteil Westend: Hier wird die asiatische Kultur gefeiert, dabei steht das Kulinarische im Vordergrund. Wer Lust auf eine Pekingente am Stück hat, ist hier genau richtig. Bevor das Fleisch auf den Teller kommt kann man es im Schaufenster betrachten.

















Covent Garden war bis vor 40 Jahren der größte Obst- und Gemüsemarkt Londons, heute ist es der New Covent Garden auf der anderen Seite der Themse. Ursprünglich war der "Konvent Garden" der Garten des Klosters von Westminster, in dem die Mönche ihren Eigenanbeu verkauften.
Heute ist es der perfekte Ort um englische Köstlichkeiten zu genießen und nach außergewöhnliche Schmuckstücke oder Kunst zu stöbern. Leider ist die Markthalle traditionell überfüllt, trotzdem ist es eine kleine Oase im Großstadtdschungel.




Zum Mittagessen gibt es Fish 'n Chips - ungesund, fettig und sehr lecker!





Saint Paul's Cathedral - hier haben im Jahr 1981 Charles und Diana geheiratet, Westminster Abbey wäre für ihre 3000 Gäste zu klein gewesen. In Saint Pauls Cathedral sind viele bekannte Engländer begraben, und einige Gedenkstätten für die Opfer von verschiedenen Kriegen.
Auch hier ist der Eintrittspreis happig: 17 Pounds inkl. Besichtigung der Krypta und der Kuppel. Wir sind extra hierher gekommen um London von oben sehen zu können, weil wir uns die teure Fahrt mit London Eye sparen wollten. Leider passt dieser Preis allerdings auch nicht in unser Budget, und als ich unser Problem dem netten Mann an der Kasse erkläre, schenkt er uns kurzerhand die zwei Tickets. Gerührt von so viel Freundlichkeit, unternehmen wir eine Führung mit einem Audio Guide durch Kirche und Krypta, und gehen anschließend die mehreren hundert Stufen bis in die Kuppel hinauf. Auf dem Weg dorthin erreichen wir zunächst einmal die "Whisper Gallery", von wo aus man auf den Innenraum der Kathedrale aus 30m höhe hinabschauen kann; weit über dem prunkvollen Hochaltar und den wunderschönen Wandbemalungen. Der oberste Stock besteht aus einem schmalen Weg entlang der Kuppel. Wir befinden uns 111m übe dem Boden, das Wetter ist toll, und wir beobachten den einsetzenden Sonnenuntergang. Leider haben wir hier nicht viel Zeit, die Wachleute fordern zum schnellen Weitergehen auf.








Nach unserem etwas längeren Besuch in Saint Paul's wollen wir uns die Oxford Street ansehen. Leider wird uns aber der Weg dorthin durch die Menschenmassen am Trafalgar Square, die das Ruby Finale verfolgen, versperrt. Also beschließen wir, die restliche Zeit anders zu nutzen und gehen über die Millenium Bridge zum anderen Ufer der Themse. Es ist Halloween und viele Menschen sind unterwegs. Eine Fahrt mit dem niedlichen "merry-go-round" lassen wir uns nicht entgehen, und genießen die Aussicht auf London Eye und Big Ben bei Nacht.




Unser Ausflug nach London hat sich gelohnt! In zwölf Stunden haben wir uns die wichtigsten Sehenswürdigkeiten gut zu Fuß anschauen können. Die Engländer selbst sind uns immer freundlich und hilfsbereit begegnet, und der Mann in Sait Paul's wird uns noch lange in Erinnerung bleiben! London ist modern, und traditionell zugleich. Die Glasbauten und Hochhäuser einerseits, die altehrwürdigen Backsteingebäude und Kirchen andererseits. Auch die vielen Parks machen die Stadt grün und lassen Erholung mitten in einer Millionenstadt zu. 

 Für einen ersten Eindruck war ein solcher Trip sehr gut geeignet. Meine Freundin und ich haben unsere Reise übrigens bei einem Busunternehmen gebucht, und gute Erfahrungen damit gemacht. Am Freitagabend sind wir losgefahren, haben die Fähre von Dünkirchen nach Dover genommen, und waren bereits morgens um acht Uhr in London.

Gerne würde ich noch einmal nach London reisen, um mehr Zeit für eine ausgiebige Stadtbesichtigung zu nehmen. 
Lovely London, hope to see you soon again!









Freitag, 30. Oktober 2015

Interview mit dem Tod - Jürgen Domian (Rezension)

Ein Plädoyer für mehr Tod im Leben


  • Autor: Jürgen Domian
  • Verlag: Goldmann
  • Erschienen: 20.Oktober 2014
  • Seitenanzahl: 176
  • Preis: 9,30 Euro (Taschenbuch)
  • ISBN: 978-3-442-17493-5

Über den Autor

Jürgen Domian (*1957) in hat Germanistik, Philosophie und Politikwissenschaften studiert, und führt sein nunmehr 19 Jahren durch seine nächtliche Talkshow "Domian" im WDR Fernsehen und im Radio bei 1live. Jede Nacht ist er Kummerkasten und Seelsorger für viele Menschen die in seiner Sendung Halt und Hilfe suchen. "Interview mit dem Tod" gingen bereits zwei weitere Romane voraus. Ende 2016 wird er seine Sendung aufgeben, weil er nach 20 Jahren "das Tageslicht wieder sehen will".


Inhalt

Wer oder was ist der Tod? Welche Bedeutung hat Trauer in unserer Gesellschaft? Warum wird dem Sterben in anderen Kulturen offener begegnet? Diesen Fragen geht Jürgen Domian auf den Grund, und kreiert in seinem Buch ein fiktives Gespräch mit Gevatter Tod höchstpersönlich. In den vielen Gesprächen, die der "Nachtfalke des WDR" in seiner nächtlichen Talksendung geführt hat, befasst ihn ein Thema immer wieder: das Sterben. Nun konfrontiert er den Tod mit seinen Erfahrungen, Erlebnissen und offenen Fragen - und erhält überraschende Antworten. Es entsteht ein emotionaler Schlagabtausch zwischen Leben und Tod, Übermacht und Mensch; es geht um die Frage nach Gott, die Seele und das Jenseits. Dabei plädiert Domian für die Legalisierung von aktiver Sterbehilfe, erläutert die Palliativmedizin und stellt Jenseitsvorstellungen anderer Glaubensrichtungen dar. Er schildert seine eigenen Erfahrungen mit Sterben und Religion, denn schon als Kind interessierte ihn die Endlichkeit des Lebens sehr. Mit dem nötigen Abstand von konventionellen Vorstellungen vom Ende des Lebens lockt Domian den Tod aus der Reserve, bohrt störrisch nach Antworten, und verzweifelt an den an Weisheit weit überlegenen Aussagen des Todes. Vor allem aber wehrt er sich gegen die Tabuisierung des Todes: sein Interview rückt dem Tod in die Mitte unserer Gesellschaft, denn er ist mehr als nur eine Randerscheinung unseres Daseins.


Persönliche Meinung

Kann man mit dem Tod sprechen und wenn ja, was würde man ihm sagen? Domian traut sich an dieses schwierige Thema heran, und führt eine heikle Auseinandersetzung den größten Mysterium unserer Existenz. Es sind Domains ganz persönliche Gedanken über das Ende des Lebens, die er in seinem Buch verarbeitet und kontrovers diskutiert und Denkanstöße liefert. Auch aber ist es ein Ruf nach der Aufmerksamkeit der Gesellschaft für ein Tabuthema, ein Plädoyer für mehr Tod im Leben. Die Macht des Todes nährt sich von der Angst der Menschen, Domain will ihnen die Furcht nehmen. Ein Buch für all die, die dem Tod schonmal vorab persönlich begegnen wollen, und ein Appell, sich von Stigmata zu verabschieden.
"Auch das geht vorbei", sagt der Tod am Ende des Gesprächs, denn bevor er an der Haustür klingelt, sollen die menschen das Leben genießen.

Ich bin einer großer Domian-Fan, und verfolge seine Talkshow regelmäßig. Ein Grund mehr zur Freude, dass "Interview mit dem Tod" ab dem 19.11.2015 in den deutschen Kinos in Form eines Dokumentarfilms zu sehen sein wird!

Sonntag, 18. Oktober 2015

tschik - Wolfgang Herrndorf (Rezension)

Langweiler und Mafia-Mongole erleben den verrückteste Road-trip aller Zeiten

  • Autor: Wolfgang Herrndorf
  • Verlag: Rowohlt Taschenbuch
  • Erschienen: 2010
  • Seitenanzahl: 254
  • Preis: 8,99 Euro (Taschenbuch)
  • ISBN: 978-3-499-25635-6

Über den Autor

Wolfgang Herrndorf (*1965) hat Malerei studiert, und zeichnete unter anderem für das Satiremagazin "Titanic. Auf seinen 2002 erschienen Debütroman "Plüschgewitter" folgte der Erzählband "Diesseits den Van-Allen-Gürtels" und 2010 der Überraschungserfolg "Tischik". Herrndorf wurde u.a. mit dem Deutschen Erzählpreis (2008), dem Brentano-Preis (2011), dem Jugendliteraturpreis (2011), dem Hans-Fallada-Preis und dem Leipziger Buchpreis (2013) ausgezeichnet. Er litt an einen Hirntumor und nahm sich am 26.August 2013 das Leben.


Inhalt

Als ob das Teenager-Dasein sein nicht schon schwer genug, die Enttäuschung in der ersten großen Liebe ausreichend deprimierend, und eine alkoholkranke Mutter reichlich anstrengend wäre, lässt sein Vater Maik in den großen Ferien auch noch ganz alleine in der großen Villa mit Pool zurück, um im Liebesurlaub mit seiner Affäre zu fliehen. Maik Klingenberg ist vierzehn Jahre alt, geht aufs Gymnasium und ist ein Langweiler; das finden nicht nur seine Klassenkameraden sondern auch das schönste Mädchen der Welt, Tatjana, das ihn nicht zu seinem tiefsten Enttäuschen nicht zu ihrer Geburtstagsparty einlädt. Nur Andrey Tschicharow, der neue in der Klasse, mit seinem exotischem Aussehen, der Alkoholfahne und dem einschüchternden Aussehen findet Maik interessant. Mit Tschicks geklautem Lada fahren die beiden zu erst zu Tatjanas Party, und dann weiter in die Ferne, mit Kurs auf die Wallachei. Raus aus der Tristesse Berlins, das Leben suchen und etwas erleben. Natürlich weiß keiner von beiden auch nur ansatzweise wo Rumänien liegt, und so kurven sie die endlosen Landstraßen der deutschen Provinz entlang. Dabei treffen sie auf Isa, das Mädchen von der Müllkippe, und Fritz, den Weltkriegsveteran der sie in einer Geisterstadt mit einem Gewehr beschießt, oder die dicke Sprachtherapeutin, die den Feuerlöschen auf Tschicks Fuß fallen lässt, nachdem sie mit dem Lada eine Böschung heruntergebollert sind. So absurd und völlig aberwitzig ihre Reise auch ist, sie beschert Tschick und Maik den besten Sommer ihres Lebens. Zwei Jungs, die unterschiedlicher nicht sein könnten, begeben sich auf den verrücktesten Road-trip aller Zeiten, und finden tiefe Freundschaft zueinander.

"'Du siehst aus wie 'n Schwuler, dem sie über Nach die Einfahrt vollgekackt haben. Soll ich dich wohin fahren oder willst du lieber noch ein bisschen mit dem Wasser spritzen?' Er grinste sein breites Russengrinsen. 'Steig ein, Mann.' Aber natürlich stieg ich nicht ein. Ich war ja nicht völlig verrückt. Ich ging nur kurz hin und setzte mich halb auf den Beifahrersitz, weil ich nicht so auffällig in der Einfahrt rumstehen wollte." (S.82)

Persönliche Meinung

Es sind zwei völlig verschiedene Lebenswirklichkeiten, die aufeinander prallen: Maik sitzt in der Einöde aus Sehnsucht nach Tatjana, Langeweile und grenzenloser Enttäuschung in der Luxusvilla seiner Eltern fest, und Tschik, der dubiose Mongole aus der Hochhaussiedlung in Hellersdorf, hat einen Bruder in der Russen-Mafia und einen geklauten Wagen. Mit dem wollen sie eigentlich nur 'in den Urlaub fahren, wie normale Leute', und erleben dabei den aufregendsten Sommer ihres Lebens. Beim Fahren auf der Autobahn, dem Benzinklau an der Tankstelle oder auf der Flucht vor der Polizei wächst Maik über sich hinaus, ihn packt die Abenteuerlust, und beide wünschen sich dass ihre Reise niemals endet. Aber der Zusammenprall mit dem Schweinelaster zieht Tschik und Maik aus dem Verkehr. Polizeirevier, Krankenhaus und Gerichtsverhandlung folgen, aber an den unvergesslichen Erlebnissen und ihrer Verbundenheit kann nichts mehr etwas ändern. Maik, der Antiheld,  Loser der Schule und Versager, hat durch Tschick zu leben gelernt.
Beim lesen habe ich die ganze Zeit auf den tieferen Bedeutung der Reise, der Begegnungen und der Geschichte gewartet, ich wollte wissen wer Isa von der Müllkippe wirklich ist, warum Fritz wahrlos auf Menschen schießt und ob aus Maik und Tajana noch ein Paar wird. Aber es gab keine tiefere Sinngebung, und das ist gut so. Es ist eine Geschichte von der Spontanität des Lebens, kurzweilig urkomisch und voller Sehnsucht nach Freiheit.
"Tschick" wird mittlerweile auch an deutschen Schulen im Deutschunterricht gelesen. Ich halte das Buch ideal für Teenager, es ist modern, die angesprochenen Probleme alltagsnah, und die Sprache nah am Jugendjargon.

Herrndorfs Erfolgsroman wird derzeit verfimlt, und kommt voraussichtlich am 15.09.2016 in die Kinos. Ein ideales Buch für einen actiongeladenen, rasanten Kinder- und Jugendfilm!



Dienstag, 13. Oktober 2015

Er ist wieder da - Kinofilm

Erschreckend realistisch umgesetze Verfilmung einer kontrovers diskutierten Romanvorlage

Romanvorlage 

  • Autor: Timur Vermes
  • Verlag: Eichborn 
  • Erschienen: 21.September 2015
  • Seitenanzahl: 396
  • Preis: 19,33 Euro
  • ISBN: 978-3-485-02815-8 

Vermes' Roman spaltet Deutschland in zwei Meinungen: In einigen Talkshows diskutiert, provoziert der Roman mit der Frage: Darf man mit Hitler lachen? Das Cover zeigt den Titel auf weißem Hintergrund dargestellt als typischen Hitler-Bart, und der Preis des Buches spielt auf sie Machtergreifung Hitlers im Jahr 1933 an. In der Geschichte sympathisiert der Leser mit der Schreckensfigur, und verliert die Distanz zu seinen Gräueltaten. Nichts desto trotz ist der Humor des Autors, mit dem er Hitler das Internet, Fernsehen und die Gesellschaft erkunden lässt unvergleichlich und zum schreien komisch. Die filmische Umsetzung ist eine Erweiterung des Rahmens, der einer Reportage über das menschliche Geschichtsbewusstsein in Form einer unterhaltsamen Polit-Satire nahe kommt.




Kinofilm

  • Kinostart: 08.Oktober 2015
  • Länge: 1h 56 min
  • Altersbegrenzung: freigegeben ab 12 Jahren
  • Gernre: Parodie & Satire
  • Regisseur: David Wnendt
  • Darsteller: Oliver Masucci, Fabian Busch, Christoph Maria Herbst, Katja Riemann, Michael Kessler
  • Produktionsland: Deutschland

Handlung

Wir schreiben das Jahr 2014, der erste Weltkrieg jährt sich zum hundertsten Mal und der zweite ist längst aus den Bewusstsein vieler Menschen verschwunden. Da taucht plötzlich mitten auf einem Berliner Grünstreifen ein Mann mit Offiziersmütze, Uniform und Bärtchen auf, der den Weg zur Reichskanzlei wissen will und darauf besteht, mit 'Führer' angesprochen zu werden. Es ist Adolf Hitler, der in seiner wahrhaftigen Gestalt mit alter Grausamkeit und Ideologie fast 70 Jahre nach seinem vermeintlichen Tod im Deutschland der Neuzeit angekommen ist. Doch alles ist anders als 1945: Der Türke ist in Berlin angekommen und eine "klobige Frau mit dem Gesichtsausdruck einer Trauerweide" regiert die sogenannte Bundesrepublik. In einem Zeitungskiosk gestrandet, mit der Studie der aktuellen Geschehnisse beschäftigt, beschließt er, seiner Vorsehung zu folgen und die Menschen endlich unter seiner Macht zu vereinen.
Am anderen Ende der Stadt verliert gerade der hoffnungslose Filmemacher Fabian  seinen Job, und erkennt seine Chance zum beruflichen Neueinstieg, als er auf die vermeintliche Reinkarnation Hitlers trifft. So beginnt eine verrückte Reise durch ganz Deutschland, eine Bestandsaufnahme der Haltungen der Menschen gegenüber der aktuellen Politik. Mit original Mitschnitten der Begegnungen verwandelt sich der Film von einer komödiantischen Satire zu echter Gesellschaftskritik und erschreckender Warnung. Ob an im Fischrestaurant auf Sylt, bei der Hundezüchterin auf dem Land oder NPD-Aufmärschen, die Zustimmung und die Verdrossenheit gegenüber den aktuellen Lage ist enorm. Zwar glaubt keiner an seine Echtheit, trotzdem überkommt dem NPD-Vorsitzenden bei der Begegnung mit Hitler der Nationalstolz und das Ehrgefühl, und auch der Tenor der Mittelschicht tendiert in Richtung Fremdenhass und Intoleranz. Stammtischparolen und Pauschalisieren, Reaktionen, die Oliver Masucci in seiner Rolle provoziert, aber deutliche Zustimmung erfährt. Masucci, stets in seiner Rolle mit ernstem Blick und Starrsinn, hält uns mit dieser Bestandsaufnahme den Spiegel vor und zeigt: Es ist mehr rechtes Gedankengut vorhanden als wir denken mögen, und stellt uns vor die Frage: Wie würden wir reagieren wenn Hitler tatsächlich wieder in die Mitte unserer Gesellschaft treten würde? Würden auch wir ihn zum Fernsehstar machen, oder die Gefahr erkennen? Anhänger seiner Ideologie gäbe es scheinbar genug...

Persönliche Meinung 

Bereits Timur Vermes' Romanvorlage wirft Kontroversen auf: darf man statt über, mit Hitler lachen? Im Buch sympathisiert der Leser automatisch mit dem etwas hilflosen und mitleiderregenden Hitler, der beim Fernsehschauen am versäumte Propagandapotenzial für die deutsche Bevölkerung verzweifelt, oder auf die Frage nach seinem Namen immerfort und mit eisernem Blick 'Hitler, Adolf' antwortet. Der Film aber schweift von der eigentlichen Geschichte ab, und ergänzt die Handlung durch die Investigation der Bevölkerung, und wirkt dadurch erschreckend authentisch. Er stellt vordergründig nicht die Frage nach der Emphatie für Hitler, sondern nach dem Gefahrenpotenzial der Gesinnungen unserer Mitbürger. Besinnunglos gehen die Probanden aus dem Videomaterial auf Hitlers provokante Parolen ein, schimpfen auf die Regierung und verlangen Fotos und Selfie mit dem Diktator. In wie weit sind wir fähig, rechte Strukturen in unserer Gesellschaft früh genug zu erkennen und ihnen entgegenzuwirken? Ist Deutschland nicht längst von Rechten unterwandert, und in wie weit können wir uns überhaupt von unserer Vergangenheit befreien? Lässt das Buch das Ende offen und bereitet den Weg für eine Fortsetzung, schließt der Film mit einem vernichtenden Urteil über die historische Reflexionsfähigkeit unserer Gesellschaft.  Im Gegenzug zeigt der Film auch Sequenzen, in denen sich die Menschen von Hitler abkehren, ihn beschimpfen und ihre Angst zeigen; mehrheitlich sind sie aber begeistert von der kommerzialisierten Figur, der Hetze gegen das vermeintliche Übel für das deutsche Kulturgut. Hitler wird im Jahr 2014 zum Internetstar, die Sender streiten sich um sein Programm, und auch Fabian schöpft das Potenzial für seine Karriere aus. Letztendlich ist er der einzige, der die drohende Gefahr erkennt. Allerdings wird er von der Sensationsgier und Besessenheit der Zuschauer übermannt, und sorgt für einen dramatischen Ausgang der Komödie.
Viele Fans hatten sich zwar Christoph Maria Herbst, der bereits das Hörbuch eingelesen hatte, als Hitler-Darsteller gewünscht. Herbst hätte Rolle mit seinem unvergleichlichen Akzent wahrscheinlich noch realistischer verkörpern können. Aber Oliver Masucci beweist großes schauspielerisches Talent wenn er in keinem der Interviews mit den Bürgern oder als Gast in den verschiedenen bekannten Talksendungen aus seiner Rolle fällt. Der Film punktet zudem mit vielen prominent besetzten Nebenrollen, wie Katja Riemann und Christoph Maria Herbst als erfolgsorientierte Senderchefs, oder Frank Plasberg und Jörg Thadeusz, die ihre eigenen TV-Shows nachstellen. Vor allem aber überzeugt er durch seine Verbindung von Fiktion und Realität, es ist eine politische Investigation, die Angst macht, aber wachrüttelt. Der richtige Film zum richtigen Zeitpunkt, eine Warnung, die wir ernst nehmen sollten.

Sonntag, 11. Oktober 2015

Arnes Nachlass - Siegfried Lenz (Rezension & Filmkritik)

Rührende Tragödie - hinreichende filmische Umsetzung

  • Autor: Siegfried Lenz
  • Verlag: dtv
  • Erschienen: 1999
  • Seitenanzahl: 208
  • Preis: 8,90 Euro
  • ISBN: 978-3-423-12915-2

Über den Autor

Siegfried Lenz wurde 1926 in Ostpreußen geboren und wird zu den berühmtesten deutschen Schriftsteller der Nachkriegszeit gezählt. Er lebte als freier Journalist in Hamburg bis er im Oktober 2014 starb. Er schreibe eine Vielzahl von Romanen und veröffentlichte Erzählungen; zu seinen berühmtesten Werken gehört die „Deutschstunde“, die in verschiedenen Sprachen übersetzt und verfilmt wurde.

Inhalt

Arne ist anders als die meisten Kinder in seinem Alter, er ist besonders. Nach dem Bankrott seiner Firma will sein Vater erst sich selbst und dann seine Familie töten, doch Arne kann auf sonderbare Weise überleben. Er lebt fortan bei einem befreundeten Ehepaar und dessen Kindern, Lars, Hans und Wiebke, an der Hamburger Elbe. In der Schule ist er zunächst ein Außenseiter, und auch Lars und Wiebke wollen sich nicht mit ihm abgeben, nur in Hans findet er einen Freund. Schnell erweist er sich als echtes Sprachtalent und Wunderkind, doch mit seiner ruhigen, wissbegierigen und rücksichtsvollen Art ist er seinen Altersgenossen weit voraus und überfordert sie in seiner Reife,Weitsicht und Moral. Sein größter Wunsch ist es, endlich seinen Platz in der Welt zu finden, dazuzugehören. Als er bei der Restauration eines alten Schiffes mitwirken darf, ist er mit vollem Eifer dabei, aber bei der Einweihung passiert ihm ein Missgeschick. Blind vor Zuneigung zu Wiebke, und benommen von dem Drang nach Bestätigung begeht er einen großen Fehler als er geplagt von seinen Schuldgefühlen auf eine folgenschwere Mutprobe eingeht.
In der Szenerie des Hamburger Hafens spielt sich die Tragödie um einen außergewöhnlichen Jungen ab, der verzweifelt um Anerkennung kämpft, und am Leben scheitert.

"Ach Arne, an diesem Abend brachte ich es anfangs nicht fertig, dein Hinterlassenschaften einfach einzusammeln und still wegzuräumen und für unbestimmte Zeit in die ewige Dämmerung des Bodens zu verbannen. Zuviel kam da herauf und bot sich an, jedes Ding bezeugte etwas, gab etwas preis, wie von selbst stiftete es dazu an, Vergangenheit zum Reden zu bringen." (S.8)

Persönliche Meinung

Lenz nutzt in dieser besonderen Erzählung keine Anführungszeichen, lässt die wörtliche Rede ohne Kennzeichnung, und zieht den Leser damit in den Sog der Ereignisse. So plötzlich Arne auf die neue Familie trifft, so tief sind die Spuren die er hinterlässt. Seine Geschichte wird aus der Sicht von Bruders Hans erzählt, der beim Verstauen des Nachlasses von den vielen gemeinsamen Erinnerungen und Erlebnissen erzählt. Leise und still war Arne in die Familie gekommen, kraftvoll und laut verlässt er sie wieder.
Mit der Geschichte des kleinen großen Jungen, der mit seiner Unbedarftheit und Selbstbestimmung Wellen bricht, und im Sturm darin untergeht, hält Lenz der Gesellschaft in ihrer Engstirnigkeit und Ignoranz gegenüber dem Andersartigen den Spiegel vor.




Vergleich mit Verfilmung

  • Genre: Drama
  • Produktionsland: Deutschland
  • Jahr: 2013
  • Regie: Thorsten Schmidt

Der Film glänzt zwar mit vielversprechender schauspielerischer Leistungen von Susanne von Borsody, Jan Vedder und Max Hegewald in extrem feinfühliger Verkörperung des Arne, aber die Umsetzung zeigt: modern ist nicht immer besser. Wiebke und Lars schlagen sich die Nachmittage mit saufen und rauchen um die Ohren und Hans erinnert eher an einen Proll als an den verantwortungsbewussten Ältesten aus dem Buch. Der Zauber der Geschichte verliert durch die Neuinterpretation der Charaktere seine Wirkung. Auch Schlüsselfigur Kalluk, ein Arbeiter aus der Firma der Familie, ein schweigsamer und seltsamer Ex-Häftling, der sich durch besondere Bindung zu Arne auszeichnet, wird hier als lustiger, verschrobener Kerl dargestellt, und die Beziehung zwischen den beiden nur oberflächlich beleuchtet. Ein wichtiger Bestandteil des Films ist jedoch die drohende Pleite des Familienunternehmens: Die Sorge um die Zukunft der Firma wird zwar wichtig als sich die Situation um Arne und Wiebke zuspitzt, aber im späteren Verlauf nicht mehr aufgegriffen. Auch der Rahmen der Erzählung, das Verstauen der Habseligkeiten Arnes, wird hier nur in der Schlusssequenz verpackt, und keine große Bedeutung geschenkt.  So auch Arnes Verbindung zu Hans, die sich im Buch zärtlich aufbaut, hier aber nur eine Nebenrolle spielt. Hans ist wider erwarten nicht der sensible, reife und aufmerksame Wegbegleiter, sondern unterstützt Arne eher nebenbei. Wollen die Filmemacher die Geschichte auf der einen Seite in die Moderne übertragen, spielen sie doch mit längst überholten Geschlechterklischees in der Beziehung zwischen Mutter und Vater.
Allerdings setzt der Film die Szene um den Selbstmord des Vaters und der Familie um. Er eröffnet mit der Tragödie um Arnes Familie, stellt sie als Horrorszenario am heimischen Abendbrottisch dar: der Vater mischt Gift in den Eistee, aber Arne verschüttet sein Glas. In seinen Erinnerungsfetzen holen ihn diese Bilder immer wieder ein; es sind Black-out-Momente, in denen er sich in seine Kindheit zurückversetzt fühlt. Die Liebe zu einer seiner verlorenen Schwestern wird hier aber unnötig betont, so bildet sich Arne ständig ein, sie vor sich zu sehen, und auch in Wiebke sieht er das Ebenbild ihrer. Mit der Projektion der verstorbenen Schwester wird die nötige Dramatik erzeugt, die der Film mit seiner modernen Interpretation der Geschichte nicht aufbringt. So auch Arnes Verbindung zu Hans, die sich im Buch zärtlich aufbaut, hier aber nur eine Nebenrolle spielt. Hans ist wider erwarten nicht der sensible, reife und aufmerksame Wegbegleiter, sondern unterstützt Arne eher nebenbei. Wollen die Filmemacher die Geschichte auf der einen Seite in die Moderne übertragen, spielen sie doch mit längst überholten Geschlechterklischees in der Beziehung zwischen Mutter und Vater.
Um die Einsamkeit und Labilität Arnes in den Vordergrund zu setzen, hätte man den Fokus des Films mehr auf die zwischenmenschlichen Beziehungen und emotionalen Momente aus der Romanvorlage, als auf die Übertragung in die Moderne legen müssen.