Sonntag, 26. Juli 2015

Der Trafikant - Robert Seethaler (Rezension)

Vom Erwachsenwerden in einer extremen Zeit und einer besonderen Beziehung zu Sigmund Freud


  • Autor: Robert Seethaler 
  • Verlag: Kein & Aber 
  • Preis: 9,90 Euro  (Taschenbuch)
  • ISBN: 978-3-0369-5909-2


Über den Autor

Robert Seethaler (*1966 in Wien) ist ein vielfach ausgezeichneter Schriftsteller und Drehbuchautor. Er hat einen angeborenen Augenfehler und besuchte eine Grundschule für Sehnehinderte. Für seine Veröffentlichungen bekam er brreits mehrere Preise und Stipendien, sein Drehbuch zu "die zweite Frau erhielt 2009 drei Grimme Preise. Auch als Schauspieler ist Seethaler aktiv.


Inhalt

Wien der 1930iger Jahre: Franz ist von einem Provinz-österreichischen Salzkammergut nach Wien gezogen, um eine Lehre als Trafikant bei dem alten Otto Trsnjek zu beginnen, um sich als eigenständiger junger Mann zu beweisen. Während sich draußen die politischen Ereignisse überschlagen, scheinen die Meldungen den kleinen Zeitschriftenladen nicht zu erschüttern. Franz erfährt in dem kleinen Geschäft das Leben in der Stadt, das so anders ist als das in dem verschlafenen Dorf. Auch seine erste Liebe findet er im fremden Wien, die Böhmin Anezka bricht ihm jedoch schnell das Herz und treibt ihn in seine erste Lebenskrise. In seiner Verzweiflung und Überforderung mit dem so neuen und unheimlichen Gefühl der Liebe wendet er sich gerne an einen seiner treuesten Stammkunden, Professor Sigmund Freud, und entwickelt eine tiefe Freundschaft zu ihm. Als die Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten letztendlich auch die Straßen von Wien erreicht, können aber selbst die blinden Fenster der alten Trafik die Augen nicht mehr vor dem drohenden Unheil verschließen: Der alte Otto Trsnsjek wird von der Gestapo abgeholt und kommt auf ungeklärte Weise in einer Haftanstalt ums Leben, und auch Freud emigriert nach London aus Furcht vor den Auswüchsen des propagierten Judehasses. Franz zieht es den Boden unter den Füßen weg, er verliert die einzigen Menschen, zu denen er in der Fremde Vertrauen gefasst hat, und leidet an unergründlichem Heimweh nach seiner Mutter und der Ruhe und Beständigkeit des Dorflebens. Doch die Erfahrungen aus Wien haben ihn reifen lassen, und er stellt sich den Herausforderungen seiner Zeit. Ein wunderbares Buch über das Selbstständig werden und den Abschied in einer Welt, die ein schnelles Erwachsenwerden erfordert.


Persönliche Meinung

Inmitten des bedrohlichen politischen Umbruchs und gesellschaftlichen Wandels im Nazi-Regime sucht ein siebzehnjähriger Junge nach Liebe und Heimatgefühl in der Fremde, entdeckt dabei Liebe und Sehnsucht und reift zu einem jungen Mann heran. Feinfühlig und aufmerksam erzählt Seethaler eine Geschichte in der Malerischen Kulisse des verschlafenen Wiens, das in dieser Zeit auf brutale und gnadenlose Weise wachgerüttelt wird.
Siegmund Freud zeichnet Seethaler als den gebrechliche alte Mann, der er zum Ende seines Lebens gewesen ist. Dadurch dass er den weltbekannten und zur damaligen Zeit höchst umstrittenen Psychoanalytiker in seinem privaten Umfeld darstellt und besonders auf das Verhältnis zu Tochter Anna eingeht, zeigt er ihn in einem neuen Licht.
Franz' Träume, die ihn in Folge seiner schmerzhaften Verluste und seines Heimwehs plagen, spiegeln die Stimmung der Zeit wieder und zeigen auf erschütterliche Weise, wie ein junger Mensch die Erlebnisse verarbeitet. Auch das innige Verhältnis zu seiner Mutter zeichnet Seethaler in vielen Karten und Briefen, und verdeutlicht damit den Ablösungsprozess und das Selbstständigwerden des jungen Mannes.
Kraftvoll lässt er das Buch mit Franz' ganz eigener Rebellion gegen die Naziherrschaft enden, und lässt den Leser mit einer Art Genugtuung zurück. Denn obwohl Franz sich letztendlich den Nazis beugen muss, hat er doch ein Zeichen gegen den Hass und Rassenpolitik gesetzt.


Hier geht's zur Lit.Cologne-Lesung von Robert Seethaler & Hanns Zischler im März 2015

Hier geht's zur Rezension von Seethalers "Die Biene und der Kurt'



Sonntag, 19. Juli 2015

USA - zwischen Nightmare & Dream

Das Land der (un)begrenzten Möglichkeiten - zwei Wochen Pennsylvania, New York & New Jersey

Ein Abenteuer im fremden Land, große Chance und Herausforderung. Aus einer spontanen Begegnung mit den amerikanischen Kollegen meines Vaters ist diese Reise entstanden. Zehn Tage bei Mark und seinen Töchtern in Pennsylvania, vier Tage mit Jerry und seiner Frau am Stand in New Jersey.
Schnell begreife ich, die amerikanische Kultur ist eine andere - von mir wird eine ungewohnt große Selbstständigkeit verlangt. Ich bin willkommen und soll mich wie zu Hause fühlen, bin aber zeitweise etwas überfordert.

Hier einige der Eindrücke, die ich von meiner Reise mitgenommen habe:

Pretty Pennsylvania


Camelback Mountain - Aussichtspunkt


Ein moderner Wasserpark inmitten der
naturbelassenen Landschaft
- ein Sinnbild für die USA...?














die Kleinstadt Stroudsbourg





















Eine Gruppe Rehe direkt vor unserer Haustür -
in Pennsylvania nichts untypisches



Fourth of July


Am Abend vor dem Unabhängigkeitstag fahren Mark und ich in die Stadt, und treffen uns mit Freunden in einem Restaurant. Später gehen wir zu einer nahe gelegenen "Blockparty", Menschen haben sich auf einer Wiese zusammengefunden und eine Coverband spielt. Einige von ihnen sitzen auf Picknickdecken und Campingstühlen, andre unterhalten sich oder tanzen. Alles ist herrlich locker und unkonventionell. An diesem Abend trinke ich Bier aus einer Kühlbox im Kofferraum eines Autos im Coffee-to-go Becher.

Am vierten Juli fahren wir nach New Jersey zu Jerry und seiner Familie. Es ist eine lockere Atmosphäre, Gäste kommen und gehen, und den ganzen Tag wird gegessen. Alles ist so selbstverständlich, "feel free & enjoy yourself". Wieder fühle ich ein wenig überfordert, aber spätestens als man mich zum "Cornhole" spielen einlädt, bin ich voll dabei. Cornhole besteht aus zwei Brettern mit je einem Loch, im das zwei Teams Sandsäcke werfen müssen. Die erwachsenden Männer lieben es, man kann sich nebenbei entspannt unterhalten und ein Bier festhalten. Auf dem Weg nach Pennsylvania sehen wir aus allen Richtungen Feuerwerke aufsteigen, am nächsten Abend machen auch wir welches in der Hofeinfahrt.






















Die Amerikaner sind stolz auf ihr Land, nicht nur am 4.Juli. Sie bekennen Farbe und zeigen Flagge. Mir wird erzählt, dass die USA besonders nach dem Attentat am 11.September zusammengewachsen sind, seitdem sei der Patriotismus in den Vorgärten und den Häuserfronten erkennbar. Fehlt Deutschland nicht auch ein bisschen nationaler Stolz...? Es ist Zeit, den Wandel der Geschichte zu würdigen, und die Stellung, die unser Land heute in der Welt hat, anzuerkennen.


Abenteuer New York


New York ist bunt, laut, grell und vor allem vielseitig. Mark ist dort aufgewachsen, und so konnten wir zwei Tage bei seiner Familie Mittten in Manhatten übernachten. Durch seine Ortskenntnisse und Insidertipps haben wir New York in dieser relativ kurzen Zeit erkundet, alle wichtigen Sehenswürdigkeiten gesehen, und eine sehr schöne Zeit gehabt.
New York ist der Ein Melting point der Kulturen der Welt - dachte ich. Im Gespräch mit einer Amerikanerin erfahre ich , dass der Schein der friedlichen Koexistent trügt, New York sei vielmehr ein "pressure cooker". "You will see it when you get there " sagt sie mir, und spätestens als wir durch China Town wandern, weiß ich, wovon sie spricht. Im Gedränge werden von allen Seiten Gucci oder Prada Taschen angeboten, es sind meist ältere Asiatische Frauen, die fast flüsternd und zischend ihre Sätze aufsagen. Daneben fallen mir eine Reihe von dunkelhäutigen Männer auf, die die Menge beobachten und gezielt Drogen anbieten. Die Souveniershops überschlagen sich an billigen Angeboten; gefaktes Parfüm, Sonnenbrillen und Schmuck werden in gebrochenem Englisch den genervten Touristen angepriesen. Die Ampeln sind ein gefundenes Fressen für die Drogenpioniere und Handtaschendealer, dort können ihnen die Potenziellen Rolex-Uhrenträger und Graskonsumenten nicht einfach entfliehen. Trotzdem ist eine gewisse Müdigkeit der Straßenverkäufer zu spüren, immer wieder sagen sie brav ihre Sätze auf, jedes Mal geht ein wohlhabender Urlauber vorbei. Es ist unerbittlich heiß, doch die Frauen mit ihren chinesischen Dreieckshüten halten den Temperaturen stand. Ich fühle mich bedrängt, und aus dieser Anspannung wächst ein gewisses Schuldbewusstsein. Die Straßenverkäufer tun mir leid, ist für sie der American Dream nicht längst zum Nightmare geworden...?















Die Touristenmeile von China Town - hier wird man leicht Zeuge der gescheiterten Kulturenzusammenführung.






Rockefeller Center, Observation Deck - 67 Stockwerke über dem Boden bleibt der Verkehr und die Hektik New Yorks einmal stehen. Von hier sehen die majestätischen Hochhäuser der Stadt wie Spielzeug aus, und auch die Statue of Liberty kann man aus der Ferne nur in Umrissen erkennen. Im wenigen Sekunden im gläsernen Fahrstuhl nach oben katapultiert, stehe ich nun über den Dächern New Yorks. Der Central Park sieht von dieser Höhe aus wie eine einzige grüne Wiese in Mitten der Grauen Gebäude der Stadt. Nur das Empire State Building ragt in seiner majestätischen Gestalt direkt vor mir empor. Auf dem Observation Deck wird die laute Stadt still, und die Hektik ruhig. Es scheint, als sei "die Stadt, die niemals schläft" ins Koma verfallen.

















































Times Sqaure - plötzlich bin ich da. "This is Times Square". Ich bin überrascht, hatte ich doch mit einem pompöserem Auftritt gerechnet. Aber je mehr ich mich umsehe, desto größer wird die Begeisterung. Es ist mitten am Tag, und trotzdem scheinen die Leuchtreklame, Werbetafeln und unzähligen Lichter hell. Es ist wie eine Insel aus Lichtern umgeben von den grauen Straßen New Yorks. Welche Marke was auf sich hält, eröffnet einen Store am Times Square, so gibt es hier neben dem M&M Store, den Hershey Laden, neben dem H&M Flagschiff der dreistöckige Forever 21. Auch einer der größten Spielwarenläden hat sich hier einen Platz am der Sonne gesichert, Toys R us stellt hier auf 110.000 square feet ein Kinderparadies mit Riesenrad und lebensgroßem Puppenhaus bereit. Außerdem versuchen hier unzählige Straßenkünstler ihr Glück; ob es nun die harmlosen Disneyfiguren sind, oder die"naked Cowboys", die in Unterhose und Gitarre Frauen ansprechen, Als wir uns von einer Gruppe der verkleidetem Disneyhelden zu einem Foto breitschlagen lassen, erzählt mir Spider Man, er komme aus Süd Peru. Auch Cookie Monster und Dora machen in ihrem gebrochenem Englisch und südländischem Aussehen den Anschein, als kämen sie von weit her. "What are you doing in the US?" - "Working", sagt der unglaubliche Spinnenmann.

 



Lady Liberty - seit nunmehr fast 129 Jahren verweilt sie auf ihrer Insel und repräsentiert die Freiheit und Unabhängigkeit ihres Landes. Jeden Tag empfängt sie Besuch von tausenden Touristen die mit der Fähre ihre Schönheit und Anmut bewundern, und ihr gelegentlich zu Kopfe steigen. Weiter zieht es die Menschenmassen nach Ellis Island, dorthin wo bis 1954 zwölf Millionen Einwanderer auf ihr weiteres Schicksal in dem Land der Träume gewartet haben. Heute ist das Gebäude ein umfangreiches Museum, dass die Einwanderungsgeschichte der USA bis in die Gegenwart darstellt. Hier kann man für sieben Doller selbst zum Ahnenforscher werden, und im Archiv nach den eigenen Vorfahren suchen. Auch Mark entscheidet sich dazu, und große Freude bricht bei der Familie aus, als sie tatsächlich ihre Deutschen Vorfahren im Register vorfinden. Für 29 Dollar können sie sich nun ein Zertifikat mit den genauen Daten der Einreise ausdrucken lassen.

Im Rücken - die atemberaubende Skyline von New York
Lady Liberty hält Ausschau nach den Schiffen
auf dem Meer,
es scheint als bewache sie die Tore der USA





Der 11.09.2001 - Dieser Tag markiert einen tiefen Einschnitt in die Geschichte des Landes.. Terroristen steuern zwei Flugzeuge in die Zwillingstürme im New Yorker Welthandelszentrum. 3013 Menschen verlieren dabei ihr Leben. Heute steht das One World Trade Center für die Einigkeit der Welt und den Zusammenhalt gegen den Terror. Wo einst die Twin Towers standen, ist heute das 9/11 Memorial. Zwei identische quadratische Löcher im Boden, gesäumt von Wasserfällen entlang der Kanten, die vom Becken aus in ein tiefes schwarzes Loch fließen. Außen säumen Borden mit den Namen aller Opfer den Beckenrand. Jeder Buchstabe tief in das Metall geritzt, an manche Stellen haben Angehörige Blumen oder die Flagge der USA gesteckt. Ich finde es ist ein sehr gelungenes Denkmal; das tiefe Loch im Boden, in das das Wasser unwiederbringlich hineinströmt und die unzähligen Namen der Getöteten, hinter jedem steht eine Familie und ein Leben, machen betroffen. 
































Leider wird die Atmosphäre dem traurigen Ereignis nicht gerecht, es sind einfach zu viele Menschen, die lachend für Fotos posieren, und mit dem Wasser herumspielen. Aber das ist in Ordnung, denn wie will man inmitten einer Stadt wie New York einen Ort der absoluten Ruhe einrichten, schließlich geht jeder mit den Ereignissen der Vergangenheit anders um.





Central Park - ein Ort der Entspannung mitten in der großen lauten Stadt. Es scheint wie eine Oase voll Wasser für durstige von der hektikgetriebene Menschen. Ob Anzugträger oder Obdachloser, hier liegen die unterschiedlichsten Menschen gemeinsam auf der Wiede und genießen ein bisschen Ruhe. Mit seinen kleinen Seen, Bänken und Spielplätzen lädt der Central Park zum verweilen und Menschen beobachten ein.
Aber der Central Park ist auch ein Ort der Erinnerung. Strawberry Fields ist ein lebendes Denkmal für den 1980 in New York ermordeten Sänger und Friedensaktivist John Lennon. "Imagine" war der Titel eines seiner erfolgreichsten Alben, und ziert nun ein schwarz weises kreisförmiges Mosaik. Daneben sitzt ein junger Musiker, der seine Lieder singt, eine große Menschentraube hat sich um ihn gebildet. Ich kannte Lennon weder als Musiker noch als Aktivist, doch nach meinem Besuch in Strawberry Fields weiß ich, dass er eine bedeutende Persönlichkeit gewesen sein muss.




Wenn man einmal in New York ist, muss man einfach Hot Dog von einem der Straßenverkäufer probieren. Diese werden übrigens gerne "Dirty Water Hot Dogs" genannt, die Wagen stehen oft den genzen Tag in der Sonne und niemand weiß so richtig, woher das Fleisch kommt....















New Jersey Shore - Point Pleasant Beach


Mein letztes Wochenende in den USA verbringe ich am Meer. Ich wohne bei Jerry und seiner Frau in deren Wochenendhaus in Point Pleasant Beach. Wir gehen an den Strand, machen eine Bootstour und treffen Freunde. Ich genieße das warme Wetter und die rauen Wellen des Atlantischen Ozeans, und freue mich, so viele neue Leute kennengelernt zu haben. Es ist einer schöner Abschluss meiner Reise.






















Hurrikan "Sandy" hat 2012 weite Teile New Jerseys zerstört. Hier sind die Schäden noch deutlich erkennbar. ich fahre an halbfertigen Häusern und Ruinen vorbei, an leeren Grundstücken und einigen Baustellen.




Der Boardwalk - eine Vergnügungsmeile voller Spaß, Fast Food, Zucker Spielereien. Adrenalinjunkies und Kalorienhungrige in Geldausgeberlaune kommen hier voll auf ihre Kosten. Es ist eine Kirmis auf der Promenade, die von früh bis spät das ganze Jahr über Touristen anlockt.


  



Und wie ich so am Strand liege, Sand zwischen den Zehen und das Rauschen des Ozeans im Ohr, denke ich darüber nach, wie verrückt das Leben doch manchmal spielt. Hätte man mir zu Beginn dieses Jahres erzählt, dass ich im Sommer in die USA reise, ich hätte es nicht geglaubt. Auch als ich die Kollegen meines Vaters im April kennengelernt habe, hätte ich nicht gedacht, dass sie ihre Einladung wirklich ernst meinen. Ich bin dankbar für diese Erfahrung, ich habe meinen Horizont erweitert - nicht nur geographisch. Ich werde definitiv einmal in die USA zurückkehren, ich könnte mir vorstellen auch für einen längeren Zeitraum dort zu leben.
Trotzdem ist dieser Urlaub ist nicht so gelaufen wie erwartet - vielleicht ist es gut dass ich einmal nicht nur positive Erfahrungen gemacht habe. In Pennsylvania habe ich mit Mark und seinen Töchtern zusammengelebt, und musste feststellen dass die beiden so ganz anders sind als ich. "European teenagers have to grow up faster", sagt mir einmal jemand im Gespräch. Ich habe sehr viel darüber nachgedacht, denn die beiden waren noch so unbekümmert und in der Beziehung kindlich. Ich habe mich oft alleine gefühlt, weil beide kein wirkliches Interesse an mir gezeigt, sondern in ihrer Welt aus Snapchat, Fernsehen und Freunde treffen weitergelebt haben, ohne mich daran Teil haben zu lassen. Am letzten Wochenende war ich nur mit Erwachsenen zusammen, aber dort habe ich mich keine Sekunde einsam gefühlt, ich habe es in vollen Zügen genießen können.
Die Amerikaner haben eine ganz andere Mentalität; sie sin spontaner, offener aber auch oberflächlicher als wir. Echte Freundlichkeit ist schwer von falscher zu unterscheiden, und trotzdem reizt mich diese Kultur, und es wird sicher nicht mein letzter Besuch gewesen sein. Ich bin Mark und Jerry so dankbar, dass sie mir diese Erfahrung ermöglicht, und mich in ihre Familien aufgenommen haben. Sie haben diese Zeit mit tollen Erfahrungen und interessanten Begegnungen gefüllt, und mich ein Stück selbstständiger werden lassen. Der Sommer 2015 ist dadurch zu einem ganz besonderen geworden!






- Eiswürfel im Getränk: das halbe Glas besteht aus gefrorenem Wasser - wofür bezahl ich eigentlich?!
- Autos, Wohnungen und besonders Restaurants haben Kühlschrank- Temperatur
- das Wort "Autobahn" kennt man aus der Volkswagen Werbung
- "Have you ever been to a beach?" - "ähm.... well we have the North Sea in Germany..."
- Verkäufer und Kellner sind überfreundlich: "buy something or I will bother you"
- die Frage "How are you?" ist nicht ernst gemeint...
- kaum hat man den Löffel geleckt, bekommt man auch schon den "check" im Restaurant
- die Essensportionen sind riesig
- wir kopieren schon so viele amerikanische trash-TV-shows, warum nicht auch die leckere Limonade?!
- zu Deutschland hat jeder irgendeine Beziehung
- "Pretzel" oder "Pretzel rolls" sind sehr beliebt - gemeint sind Bretzel und Laugenbrötchen
- auf dem Highway ist die Beschilderung zum nächsten Fast Food Place mindestens so wichtig wie die Verkehrsführung
- "Your drinking age is 16, right?"

Samstag, 11. Juli 2015

Tagebücher des Victor Klemperer 1940-1941

"Ich will Zeugnis ablegen bis zum letzten."


Klemperers ziehen ins Judenhaus und geben das letzte Stück Würde, persönliche Freiheit und Hoffnung auf eine bessere Zukunft ab. Die Fliegerangriffe häufen sich, die Volkstimmung ist schwer zu erfassen und Victors Arbeit kommt nur schleppend voran. Nur über den Fanatismus der Nazis in Verbindung mit ihrer Sprache notiert er viel, wenn er den Krieg, wenn er das Regime überlebt will er aus seinem Beobachtungen ein Buch machen.


"Ein ständiges zerrüttetes in der Schwebe, und das gilt von der privaten und der allgemeinen Angelegenheit. Kommt die Offensive? Wann? Und wann müssen wir hieraus? (31.03.1940)
Auch der große Traum vom Lebensabend im eigenen kleine Haus in Dölzschen wird nun von den Nazis zu Nichte gemacht. Ihnen droht die Übersiedelung in ein Judenhaus, die Behördenwillkür des Dritten Reichs macht auch vor den Professor und der Arierin keinen Halt. Was wird dort auf sie zu kommen? Eingepfercht mit anderen Schicksalsgenossen, warten sie auf die weiteren Einschränkungen ihres Lebens  durch die perfiden Judengesetze.



"Das Chaos des Umzuges hat begonnen, neun Zehntel der Möbel müssen auf den Speicher, wir vernichten viel Schriftliches und Gedrucktes als Ballast, was wir solange bewahrt hatten. Im Garten legt Berger seine Ladenstufen an und zerstört, was Eva in Jahren aufgebaut hat. Und bei alledem das trostlose Gefühl, dass eine günstige Änderung unserer Lage auf keine Weise anzunehmen ist."  (16.05.1940)
Ein ganzes Leben wird in Kartons gepackt und weggesperrt. Werden Victor und Eva jemals wieder nach Dölzschen zurückkehren können? Hier wird nun eine arische Familie ihr Glück finden, Klemperers haben ihres endgültig verloren. Die neuen Bewohner zerstören, was die beiden mit viel Herzblut und Kampfgeist errichtet haben.



"Gehobenes KZ" (06.06.1940)
der Einzug ins Judenhaus stellt für Victor und Eva eine große Herausforderung dar. Sie müssen sich mit den anderen Bewohnern arrangieren, auf einen Großteil ihrer Privatsphäre verzichten.



 "Niemand weiß genau, was erlaubt ist, überall fühlt man sich bedroht. Jedes Tier ist freier und rechtlich gesicherter." (06.07.1940)
Die Schlinge aus perfiden Gesetzen zur Entwürdigung der Juden zieht sich immer weiter zu. Entrechtet und gepeinigt versuchen Klemperers ihren Lebensalltag im Judenhaus zu gestalten, Victor schreibt so viel wie möglich an seiner Biograhie während es um Evas Gesundheitszustand immer schlechter steht.



 "Wir tappen im Dunklen, sind fatalistisch, hoffen immer wieder" (07.07.1940)
Die politische Lage ist undurchschaubar, immer wieder tauchen neue Gerüchte auf, doch es ist schwer der Volksstimme einen Tenor zu entnehmen, zwischen Gerücht und Fakten zu unterscheiden. Die Lage zwischen England und Deutschland bleibt angespannt, wann greifen die deutschen Truppen an? Und was geschieht mit den Juden bei einer Niederlage Deutschlands?

"Jeden Tag tauschen Gerüchte über neue Torturen auf,  und bisher sind die meisten in Erfüllung gegangen." (30.08.1940)
Ständig neue Judengesetze und Verhaftungen bei kleinsten Vergehen. Die Lebensmittel sind knapp, neben den Rationskarten ist es schwer, an Essen zu gelangen. Auch wegen der "Juden verboten"-Schilder in Restaurants und Lokalen müssen Victor und Eva immer öfterauf ihren kleinen Luxus vom außerhäusigem Abendessen verzichten.


"Wie viel Lauferei und Herumstehen, wie viel äußerste Bitterkeit ist in dieser Notiz enthalten, welch ein raub und welch ein irreparabler Verlust. Wann soll ich je wieder zu einem Wagen kommen?" (20.02.1941)
Nachdem Klemperer seinen Führerschein bereits1938 abgeben musste, verbietet ihm ein neues Judengesetz nun auch, ein Auto zu besitzen. All seine Bemühungen um den Wagen, all die Reparaturen für die er oft sein letztes Geld gegeben hat, und die nervliche Belastung - umsonst? Auch die kleinen Fahrten die ihn und Eva kurz aus ihrer tristen Lebenswirklichkeit befreien konnten, gehören nun der Vergangenheit an; die Hoffnung einmal wieder an ein Fahrzeug zu gelangen ist gleich null angesichts der ungewissen Zukunft.


"Ich habe mich sosehr an den Gedanken der Haft gewöhnt, dass er mich nicht mehr im Arbeiten stört, und dass ich die Sache fast humoristisch nehme." (24.03.1941)
Verdunkeln - eine der wichtigsten Pflichten eines deutschen Bürgers zu Kriegszeiten. Victor und Eva halten sich immer genau an die Vorgaben, sie verdunkeln ihre Zimmer immer pünktlich - bis Victor einmal ein Fenster vergisst und denunziert wird. Ihm droht eine Woche Haft, denn auch nach großen Bemühungen lässt sich die Behörde nicht erweichen. Allerdings gestattet man ihm das Lesen und Notieren, und auch Eva geht es nach einem harten Winter nervlich deutlich besser.



"Aber vielleicht wird der Kelch an mir vorübergehen, vielleicht wird er nicht ganz so bitter sein, vielleicht werde ich vorher sterben. Ich sage mir jetzt oft: Schließlich liegt ein langes, interessantes nicht einmal ganz erfolgloses Leben hinter, auf alle Fälle nur noch ein Rest vor mir - was kommt es so groß auf ihn an?" (14.04.1941 Ostermontag)
Dunkle Gedanken am Osterfeiertag. Die Zukunft Deutschlands liegt in völliger Ungewissheit, die Lebensumstände im Judenhaus werden immer schwieriger. Klemperers ziehen einen Umzug nach Berlin in Erwägung, dort sollen Juden mehr Freiheit besitzen, doch bevor ihre Planungen ernst werden können, wird die Hauptstadt für jüdische Einwanderer gesperrt.


"Und die Furcht vor dem vergeblichen Warten ist meine einzige Todesfurcht" (aus der Haft vom 23.06-01.07.1941)
Klemperers Schilderungen aus der Haft sind erschreckend. Allein mit seinen Gedanken in Einzelhaft, ohne Bücher und Papier wie anfangs versprochen, erträgt er das Warten auf das Ende der Woche kaum. Als Eva ihn besuchen kommt, schämt er sich für seinen Zustand. Er beginnt darüber nachzudenken, ob er Eva mit der Verwirklichung seiner Ziele und Pläne in den letzten Jaren nicht übergangen hat.


"Aus der Hölle war ich wohl an meinem Bleistift hochgeklettert." (aus der Haft vom 23.06 bis zum 01.07.1941) 
Professor Victor Klemperer ist am Boden angelangt. Seine Gedanken kann er nicht mehr kontollieren, er zählt die Sekunden bis zu seiner Entlassung - bis ihm ein Beamter aus Mitleid ein Blatt Papier und einen Bleistift gibt. Es ist seine Rettung aus der Depression, die Möglichkeit einige weige Notizen machen zu können, die ihn die Tage überstehen lassen.


"Alles Schwanken hat nun ein Ende. Das Schicksal wird entscheiden. Während des Krieges können wir nicht mehr heraus, nach dem Krieg brauchen wir es nicht mehr, so oder so, Tod oder lebendig." (27.06.1941)
Klemperers blicken den nächsten Jahren mit Resignation entgegen, der Glaube an eine Zukunft schwindet. Fliegerangriffe versetzen das Judenhaus immer öfter in Angst, Klemperer kommt nur langsam mit seiner Arbeit voran und Evas Nerven versagen zunehmends.


"Judengesetze":
06.02.40: Entzug der Kleiderkarte
29.02.40: kein Fernsprechanschluss
01.09.40:Verpflichtung zum Tragen des Judensterns &Verlassen des Wohnbezirks nur mit Genehmigung
26.12.41: Verbot der Nutzung öffentlicher Fernsprecher


Hier geht es zur Vorstellung der Tagebücher 1937 - 1939
Hier geht es zur Vorstellung der Tagebücher 1935 - 1936
Hier geht es zur Vorstellung der Tagebücher 1933 - 1934

Mittwoch, 1. Juli 2015

Destination: US

Sommer, Sonne, Staaten! Ich bin unterwegs in die USA, besuche entfernte Bekannte, allein. Es ist ein kleines Abenteuer, ich weiß nicht viel über meine "Gastfamilie" und das was mich erwartet.
Einmal in die USA zu reisen war immer mein Traum. Die Verklärte Vorstellung vom Amerikanischen Traum, vom Land der unbegrenztem Möglichkeiten zieht mich in die Staaten. Zwei Wochen werde ich in Pensilvanya verbringen, an den Wochenenden geht es an den Strand nach New Yersey. Ich freue mich auf eine tolle und actionreiche Zeit, will diesen Sommer vor dem letzten Schuljahr nutzen; für Freunde, Erfahrungen und um Kraft zu tanken!

Posts mit kleinen Reiseberichten und Bildern werden folgen!