Sonntag, 19. Juli 2015

USA - zwischen Nightmare & Dream

Das Land der (un)begrenzten Möglichkeiten - zwei Wochen Pennsylvania, New York & New Jersey

Ein Abenteuer im fremden Land, große Chance und Herausforderung. Aus einer spontanen Begegnung mit den amerikanischen Kollegen meines Vaters ist diese Reise entstanden. Zehn Tage bei Mark und seinen Töchtern in Pennsylvania, vier Tage mit Jerry und seiner Frau am Stand in New Jersey.
Schnell begreife ich, die amerikanische Kultur ist eine andere - von mir wird eine ungewohnt große Selbstständigkeit verlangt. Ich bin willkommen und soll mich wie zu Hause fühlen, bin aber zeitweise etwas überfordert.

Hier einige der Eindrücke, die ich von meiner Reise mitgenommen habe:

Pretty Pennsylvania


Camelback Mountain - Aussichtspunkt


Ein moderner Wasserpark inmitten der
naturbelassenen Landschaft
- ein Sinnbild für die USA...?














die Kleinstadt Stroudsbourg





















Eine Gruppe Rehe direkt vor unserer Haustür -
in Pennsylvania nichts untypisches



Fourth of July


Am Abend vor dem Unabhängigkeitstag fahren Mark und ich in die Stadt, und treffen uns mit Freunden in einem Restaurant. Später gehen wir zu einer nahe gelegenen "Blockparty", Menschen haben sich auf einer Wiese zusammengefunden und eine Coverband spielt. Einige von ihnen sitzen auf Picknickdecken und Campingstühlen, andre unterhalten sich oder tanzen. Alles ist herrlich locker und unkonventionell. An diesem Abend trinke ich Bier aus einer Kühlbox im Kofferraum eines Autos im Coffee-to-go Becher.

Am vierten Juli fahren wir nach New Jersey zu Jerry und seiner Familie. Es ist eine lockere Atmosphäre, Gäste kommen und gehen, und den ganzen Tag wird gegessen. Alles ist so selbstverständlich, "feel free & enjoy yourself". Wieder fühle ich ein wenig überfordert, aber spätestens als man mich zum "Cornhole" spielen einlädt, bin ich voll dabei. Cornhole besteht aus zwei Brettern mit je einem Loch, im das zwei Teams Sandsäcke werfen müssen. Die erwachsenden Männer lieben es, man kann sich nebenbei entspannt unterhalten und ein Bier festhalten. Auf dem Weg nach Pennsylvania sehen wir aus allen Richtungen Feuerwerke aufsteigen, am nächsten Abend machen auch wir welches in der Hofeinfahrt.






















Die Amerikaner sind stolz auf ihr Land, nicht nur am 4.Juli. Sie bekennen Farbe und zeigen Flagge. Mir wird erzählt, dass die USA besonders nach dem Attentat am 11.September zusammengewachsen sind, seitdem sei der Patriotismus in den Vorgärten und den Häuserfronten erkennbar. Fehlt Deutschland nicht auch ein bisschen nationaler Stolz...? Es ist Zeit, den Wandel der Geschichte zu würdigen, und die Stellung, die unser Land heute in der Welt hat, anzuerkennen.


Abenteuer New York


New York ist bunt, laut, grell und vor allem vielseitig. Mark ist dort aufgewachsen, und so konnten wir zwei Tage bei seiner Familie Mittten in Manhatten übernachten. Durch seine Ortskenntnisse und Insidertipps haben wir New York in dieser relativ kurzen Zeit erkundet, alle wichtigen Sehenswürdigkeiten gesehen, und eine sehr schöne Zeit gehabt.
New York ist der Ein Melting point der Kulturen der Welt - dachte ich. Im Gespräch mit einer Amerikanerin erfahre ich , dass der Schein der friedlichen Koexistent trügt, New York sei vielmehr ein "pressure cooker". "You will see it when you get there " sagt sie mir, und spätestens als wir durch China Town wandern, weiß ich, wovon sie spricht. Im Gedränge werden von allen Seiten Gucci oder Prada Taschen angeboten, es sind meist ältere Asiatische Frauen, die fast flüsternd und zischend ihre Sätze aufsagen. Daneben fallen mir eine Reihe von dunkelhäutigen Männer auf, die die Menge beobachten und gezielt Drogen anbieten. Die Souveniershops überschlagen sich an billigen Angeboten; gefaktes Parfüm, Sonnenbrillen und Schmuck werden in gebrochenem Englisch den genervten Touristen angepriesen. Die Ampeln sind ein gefundenes Fressen für die Drogenpioniere und Handtaschendealer, dort können ihnen die Potenziellen Rolex-Uhrenträger und Graskonsumenten nicht einfach entfliehen. Trotzdem ist eine gewisse Müdigkeit der Straßenverkäufer zu spüren, immer wieder sagen sie brav ihre Sätze auf, jedes Mal geht ein wohlhabender Urlauber vorbei. Es ist unerbittlich heiß, doch die Frauen mit ihren chinesischen Dreieckshüten halten den Temperaturen stand. Ich fühle mich bedrängt, und aus dieser Anspannung wächst ein gewisses Schuldbewusstsein. Die Straßenverkäufer tun mir leid, ist für sie der American Dream nicht längst zum Nightmare geworden...?















Die Touristenmeile von China Town - hier wird man leicht Zeuge der gescheiterten Kulturenzusammenführung.






Rockefeller Center, Observation Deck - 67 Stockwerke über dem Boden bleibt der Verkehr und die Hektik New Yorks einmal stehen. Von hier sehen die majestätischen Hochhäuser der Stadt wie Spielzeug aus, und auch die Statue of Liberty kann man aus der Ferne nur in Umrissen erkennen. Im wenigen Sekunden im gläsernen Fahrstuhl nach oben katapultiert, stehe ich nun über den Dächern New Yorks. Der Central Park sieht von dieser Höhe aus wie eine einzige grüne Wiese in Mitten der Grauen Gebäude der Stadt. Nur das Empire State Building ragt in seiner majestätischen Gestalt direkt vor mir empor. Auf dem Observation Deck wird die laute Stadt still, und die Hektik ruhig. Es scheint, als sei "die Stadt, die niemals schläft" ins Koma verfallen.

















































Times Sqaure - plötzlich bin ich da. "This is Times Square". Ich bin überrascht, hatte ich doch mit einem pompöserem Auftritt gerechnet. Aber je mehr ich mich umsehe, desto größer wird die Begeisterung. Es ist mitten am Tag, und trotzdem scheinen die Leuchtreklame, Werbetafeln und unzähligen Lichter hell. Es ist wie eine Insel aus Lichtern umgeben von den grauen Straßen New Yorks. Welche Marke was auf sich hält, eröffnet einen Store am Times Square, so gibt es hier neben dem M&M Store, den Hershey Laden, neben dem H&M Flagschiff der dreistöckige Forever 21. Auch einer der größten Spielwarenläden hat sich hier einen Platz am der Sonne gesichert, Toys R us stellt hier auf 110.000 square feet ein Kinderparadies mit Riesenrad und lebensgroßem Puppenhaus bereit. Außerdem versuchen hier unzählige Straßenkünstler ihr Glück; ob es nun die harmlosen Disneyfiguren sind, oder die"naked Cowboys", die in Unterhose und Gitarre Frauen ansprechen, Als wir uns von einer Gruppe der verkleidetem Disneyhelden zu einem Foto breitschlagen lassen, erzählt mir Spider Man, er komme aus Süd Peru. Auch Cookie Monster und Dora machen in ihrem gebrochenem Englisch und südländischem Aussehen den Anschein, als kämen sie von weit her. "What are you doing in the US?" - "Working", sagt der unglaubliche Spinnenmann.

 



Lady Liberty - seit nunmehr fast 129 Jahren verweilt sie auf ihrer Insel und repräsentiert die Freiheit und Unabhängigkeit ihres Landes. Jeden Tag empfängt sie Besuch von tausenden Touristen die mit der Fähre ihre Schönheit und Anmut bewundern, und ihr gelegentlich zu Kopfe steigen. Weiter zieht es die Menschenmassen nach Ellis Island, dorthin wo bis 1954 zwölf Millionen Einwanderer auf ihr weiteres Schicksal in dem Land der Träume gewartet haben. Heute ist das Gebäude ein umfangreiches Museum, dass die Einwanderungsgeschichte der USA bis in die Gegenwart darstellt. Hier kann man für sieben Doller selbst zum Ahnenforscher werden, und im Archiv nach den eigenen Vorfahren suchen. Auch Mark entscheidet sich dazu, und große Freude bricht bei der Familie aus, als sie tatsächlich ihre Deutschen Vorfahren im Register vorfinden. Für 29 Dollar können sie sich nun ein Zertifikat mit den genauen Daten der Einreise ausdrucken lassen.

Im Rücken - die atemberaubende Skyline von New York
Lady Liberty hält Ausschau nach den Schiffen
auf dem Meer,
es scheint als bewache sie die Tore der USA





Der 11.09.2001 - Dieser Tag markiert einen tiefen Einschnitt in die Geschichte des Landes.. Terroristen steuern zwei Flugzeuge in die Zwillingstürme im New Yorker Welthandelszentrum. 3013 Menschen verlieren dabei ihr Leben. Heute steht das One World Trade Center für die Einigkeit der Welt und den Zusammenhalt gegen den Terror. Wo einst die Twin Towers standen, ist heute das 9/11 Memorial. Zwei identische quadratische Löcher im Boden, gesäumt von Wasserfällen entlang der Kanten, die vom Becken aus in ein tiefes schwarzes Loch fließen. Außen säumen Borden mit den Namen aller Opfer den Beckenrand. Jeder Buchstabe tief in das Metall geritzt, an manche Stellen haben Angehörige Blumen oder die Flagge der USA gesteckt. Ich finde es ist ein sehr gelungenes Denkmal; das tiefe Loch im Boden, in das das Wasser unwiederbringlich hineinströmt und die unzähligen Namen der Getöteten, hinter jedem steht eine Familie und ein Leben, machen betroffen. 
































Leider wird die Atmosphäre dem traurigen Ereignis nicht gerecht, es sind einfach zu viele Menschen, die lachend für Fotos posieren, und mit dem Wasser herumspielen. Aber das ist in Ordnung, denn wie will man inmitten einer Stadt wie New York einen Ort der absoluten Ruhe einrichten, schließlich geht jeder mit den Ereignissen der Vergangenheit anders um.





Central Park - ein Ort der Entspannung mitten in der großen lauten Stadt. Es scheint wie eine Oase voll Wasser für durstige von der hektikgetriebene Menschen. Ob Anzugträger oder Obdachloser, hier liegen die unterschiedlichsten Menschen gemeinsam auf der Wiede und genießen ein bisschen Ruhe. Mit seinen kleinen Seen, Bänken und Spielplätzen lädt der Central Park zum verweilen und Menschen beobachten ein.
Aber der Central Park ist auch ein Ort der Erinnerung. Strawberry Fields ist ein lebendes Denkmal für den 1980 in New York ermordeten Sänger und Friedensaktivist John Lennon. "Imagine" war der Titel eines seiner erfolgreichsten Alben, und ziert nun ein schwarz weises kreisförmiges Mosaik. Daneben sitzt ein junger Musiker, der seine Lieder singt, eine große Menschentraube hat sich um ihn gebildet. Ich kannte Lennon weder als Musiker noch als Aktivist, doch nach meinem Besuch in Strawberry Fields weiß ich, dass er eine bedeutende Persönlichkeit gewesen sein muss.




Wenn man einmal in New York ist, muss man einfach Hot Dog von einem der Straßenverkäufer probieren. Diese werden übrigens gerne "Dirty Water Hot Dogs" genannt, die Wagen stehen oft den genzen Tag in der Sonne und niemand weiß so richtig, woher das Fleisch kommt....















New Jersey Shore - Point Pleasant Beach


Mein letztes Wochenende in den USA verbringe ich am Meer. Ich wohne bei Jerry und seiner Frau in deren Wochenendhaus in Point Pleasant Beach. Wir gehen an den Strand, machen eine Bootstour und treffen Freunde. Ich genieße das warme Wetter und die rauen Wellen des Atlantischen Ozeans, und freue mich, so viele neue Leute kennengelernt zu haben. Es ist einer schöner Abschluss meiner Reise.






















Hurrikan "Sandy" hat 2012 weite Teile New Jerseys zerstört. Hier sind die Schäden noch deutlich erkennbar. ich fahre an halbfertigen Häusern und Ruinen vorbei, an leeren Grundstücken und einigen Baustellen.




Der Boardwalk - eine Vergnügungsmeile voller Spaß, Fast Food, Zucker Spielereien. Adrenalinjunkies und Kalorienhungrige in Geldausgeberlaune kommen hier voll auf ihre Kosten. Es ist eine Kirmis auf der Promenade, die von früh bis spät das ganze Jahr über Touristen anlockt.


  



Und wie ich so am Strand liege, Sand zwischen den Zehen und das Rauschen des Ozeans im Ohr, denke ich darüber nach, wie verrückt das Leben doch manchmal spielt. Hätte man mir zu Beginn dieses Jahres erzählt, dass ich im Sommer in die USA reise, ich hätte es nicht geglaubt. Auch als ich die Kollegen meines Vaters im April kennengelernt habe, hätte ich nicht gedacht, dass sie ihre Einladung wirklich ernst meinen. Ich bin dankbar für diese Erfahrung, ich habe meinen Horizont erweitert - nicht nur geographisch. Ich werde definitiv einmal in die USA zurückkehren, ich könnte mir vorstellen auch für einen längeren Zeitraum dort zu leben.
Trotzdem ist dieser Urlaub ist nicht so gelaufen wie erwartet - vielleicht ist es gut dass ich einmal nicht nur positive Erfahrungen gemacht habe. In Pennsylvania habe ich mit Mark und seinen Töchtern zusammengelebt, und musste feststellen dass die beiden so ganz anders sind als ich. "European teenagers have to grow up faster", sagt mir einmal jemand im Gespräch. Ich habe sehr viel darüber nachgedacht, denn die beiden waren noch so unbekümmert und in der Beziehung kindlich. Ich habe mich oft alleine gefühlt, weil beide kein wirkliches Interesse an mir gezeigt, sondern in ihrer Welt aus Snapchat, Fernsehen und Freunde treffen weitergelebt haben, ohne mich daran Teil haben zu lassen. Am letzten Wochenende war ich nur mit Erwachsenen zusammen, aber dort habe ich mich keine Sekunde einsam gefühlt, ich habe es in vollen Zügen genießen können.
Die Amerikaner haben eine ganz andere Mentalität; sie sin spontaner, offener aber auch oberflächlicher als wir. Echte Freundlichkeit ist schwer von falscher zu unterscheiden, und trotzdem reizt mich diese Kultur, und es wird sicher nicht mein letzter Besuch gewesen sein. Ich bin Mark und Jerry so dankbar, dass sie mir diese Erfahrung ermöglicht, und mich in ihre Familien aufgenommen haben. Sie haben diese Zeit mit tollen Erfahrungen und interessanten Begegnungen gefüllt, und mich ein Stück selbstständiger werden lassen. Der Sommer 2015 ist dadurch zu einem ganz besonderen geworden!






- Eiswürfel im Getränk: das halbe Glas besteht aus gefrorenem Wasser - wofür bezahl ich eigentlich?!
- Autos, Wohnungen und besonders Restaurants haben Kühlschrank- Temperatur
- das Wort "Autobahn" kennt man aus der Volkswagen Werbung
- "Have you ever been to a beach?" - "ähm.... well we have the North Sea in Germany..."
- Verkäufer und Kellner sind überfreundlich: "buy something or I will bother you"
- die Frage "How are you?" ist nicht ernst gemeint...
- kaum hat man den Löffel geleckt, bekommt man auch schon den "check" im Restaurant
- die Essensportionen sind riesig
- wir kopieren schon so viele amerikanische trash-TV-shows, warum nicht auch die leckere Limonade?!
- zu Deutschland hat jeder irgendeine Beziehung
- "Pretzel" oder "Pretzel rolls" sind sehr beliebt - gemeint sind Bretzel und Laugenbrötchen
- auf dem Highway ist die Beschilderung zum nächsten Fast Food Place mindestens so wichtig wie die Verkehrsführung
- "Your drinking age is 16, right?"

2 Kommentare:

  1. Oh, schon wieder zurück. Ich dachte, Du bleibst länger dort. Es freut mich, daß es Dir genauso ergangen ist, wie mir bei meinem ersten USA-Besuch. Viel Glanz, aber oft wenig hinter der Fassade. Am allerbesten gefallen mir Deine Stichpunkte ganz am Ende des Beitrags. Bestimmt wirst Du noch ein paarmal rüber fliegen. Dann lernt man Land und Leute besser kennen. Der erste Eindruck ist meist nur sehr oberflächlich.

    Und mein Buch durfte auch mitreisen?

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    1. Klar, Klemperer war auch in den USA! :D Die US-Amerikanische Kultur ist schon interessant, man muss sie zwar nicht gut finden, aber es ist auf jeden Fall spannend einmal genauer hinzuschauen.

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