Mittwoch, 3. Dezember 2014

Rezension - Der Schattensammler (Carl Djerassi)

Schatten- und Sonnenzeiten aus dem Leben von Carl Djerassi
  • Autor: Carl Djerassi
  • Verlag: Haymon Verlag
  • Erschienen: 01.08.2013
  • Preis: 24,90 Euro
  • Seitenanzahl: 480
  • ISBN 978-3-85218-720-4



Über den Autor

Carl Djerassi veröffentlichte mit 90 Jahren seine mittlerweile dritte Autobiographie. Er gilt als Erfinder der Anti-Baby-Pille, hat Kulturen verändert und viele Auszeichnungen dafür bekommen. Aber er ist auch als Schriftseller von Lyrik und Kurzgeschichten bekannt, und erfand die neue Romangattung "Science-in-Fiction". Dabei thematisiert er die Problematiken der Reproduktionsmedizin auch in fiktiven Geschichten und Theaterstücken.



Inhalt

In seiner „aller letzten“ Biographie resümiert Carl Djerassi über sein Leben als Chemiker, Schriftsteller, Theaterautor und leidenschaftlicher Kunstsammler. Er beleuchtet die Kapitel seines Lebens und bezieht sich dabei immer wieder auf Passagen aus seinen früheren Autobiographien, Romanen und Theaterstücken.
Etwas skurril  lässt er sein Buch mit einem Zeitungsartikel über seinen vermeintlichen Freitod beginnen. Seine Mutter hatte früher in zahlreichen Situationen mit ihrem Selbstmord gedroht, was zu zunehmender Entfremdung zwischen den beiden gesorgt und ihn geprägt hatte.
Die Chemie spielt sowohl in Djerassis Leben als auch in seiner Biographie eine große Rolle.
Im Verlauf seines Buches kommt er so immer wieder auf die Reproduktionsmedizin und ihre Folgen zurück, schonungslos offen berichtet er zum Beispiel von seiner eigenen Vasektomie. Ausgiebig berichtet er natürlich auch über die Erfindung der Pille, sein Lebenswerk, durch das er auf er ganzen Welt bekannt wurde. Interessant ist jedoch, dass er den Namen "Anti-Baby-Pille im Deutschen verabscheut, er sieht sie als Mittel für Frauen und nur gegen nicht gewollte Kinder. Auch will er nicht nur als "Mutter der Pille" in den Köpfen der Menschen sein, sondern auch als Schriftsteller und Kunstsammler gewürdigt werden.
Zurzeit lebt Djerassi in San Francisco, London und Wien, trotzdem bezeichnet er sich selbst als heimatlos. Geboren in Österreich, emigrierte er nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten in die USA. Mittlerweile hat er sich mit seinem Heimatland versöhnt, dadurch ein weiteres Zuhause bekommen. Der Selbstmord seiner Tochter aber hat ihm aber sein wichtigstes genommen.
Auch seine Jüdische Herkunft thematisiert er, erzählt von den Reaktionen seiner Kollegen. Nebenbei zitiert er Passagen aus seinem früheren Werk „Vier Juden auf dem Parnass“.
Wie er überhaupt zum Schreiben fand, enthält er dem Leser auch nicht vor: Nach der Trennung von seiner Freundin begann er einen Roman über ihre Beziehung und mehrere Gedichte zu schreiben, hat sie aber nie veröffentlichen.
Der Kunstliebhaber in Carl Djerassi nimmt ebenfalls einen großen Raum in seinem Leben ein. So beschreibt er, wie er nackt ein Werk Paul Klees ersteigert, Österreich nicht ganz ohne Hindernisse beschenken will und vor allem erzählt er von seinen Förderprogrammen für junge Künstler. Er nämlich gründete die größte Künstlerkolonie westlich des Mississippi, beherbergt heute Künstler aus über 30 Länder und wandelte so dem größten Schicksalsschlag seines Lebens, den Tod seiner Tochter, ins Positive um.



Persönliche Meinung

Carl Djerassi beweist, er ist ein Lebenskünstler. Er hat die Gesellschaft mit seiner Forschung verändert, ist wegen der Erfindung Pille auf der ganzen Welt bekannt.
Mit Sicherheit ist er eine schillernde Persönlichkeit, von den Schatten seines Leben und seinem Erfolg geprägt.
Dem sollte man Respekt zollen.
Aber Anbetracht dessen, dass Djerassi in den ersten 100 Seiten nur über die chemischen Prozesse zur Synthese der Pille schreibt, und sich im Laufe des Buches des Öfteren in seinen Erzählungen verliert, ist das Buch an vielen Stellen eher langweilig. Die einzig wirklich interessante und bewegende Stelle ist die, an der er den Selbstmord seiner Tochter beschreibt. Hier erfährt der Leser Djerassi nicht als berühmten Chemiker oder bedeutenden Kunstsammler, sondern als Vater der den Tod seines Kindes verarbeiten muss.
Insgesamt wird wohl eher Fachpublikum Gefallen an dem Buch finden.
Ich muss dazu sagen, dass ich den "Schattensammler" im Rahmen eines Praktikums gelesen haben, und mich sonst wohl nie für ihn interessiert hätte.  Ich bereue es nicht, ihn kennengelernt zu haben, musste mich an vielen Stellen aber  eher durch das Buch und die oft zähen Erzählungen quälen. Sein aufregendes Leben hat mich beeindruckt, die Darstellung in dieser Biographie abgeschreckt. Ich hätte gerne viel mehr über sein Privatleben und weniger über chemische Zusammenhänge erfahren.

Er sich aber trotzdem für Carl Djerassis Leben interessiert, sollte es vielleicht mit einer seiner vorherigen Autobiographien versuchen....
oder sich seinen Besuch von Dennis Scheck in San Franzisco ansehen!

http://www.ardmediathek.de/tv/Druckfrisch/Carl-Djerassi-Der-Schattensammler/Das-Erste/Video?documentId=20497018&bcastId=339944

2 Kommentare:

  1. Schöne Rezension. Falls ich noch was für Deinen Blog vorschlagen darf: 1) gib oben oder unten (ich würde unten bevorzugen) Deine persönliche Wertung ab. Vergib z.B. 0 bis 5 Sterne, Herzen, Bücherwürmer oder Regiestühle.
    2) Ein kleines Bild wäre schön - entweder von der Person über die Du schreibst oder vom Cover des Buches / Filmes. Die kann man in den Artikel einfügen und wenn man immer artig die Herkunft des Bildes angibt, kommen auch keine Klagen. Wikipedia-Fotos sind sehr gut. Cover gibt es auf der Amazon-Seite.

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    1. Danke, Anregungen und Verbesserungsvorschläge sind bei mir immer willkommen!
      1) Das mit der Bewertung ist ein guter Tipp, den würde ich sehr gerne umsetzen, weiß aber noch nicht wie das gehen soll :-D
      2) Normalerweise fotografiere ich die Buchcover immer ab, den "Schattensammler" habe ich aber leider nicht mehr.... vielleicht gucke ich wirklich mal auf Amazon :-)

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