Sonntag, 16. November 2014

Der Fall Collini - Ferdinand von Schirach (Rezension)

Eine gewaltige Kriminalgeschichte
  • Autor: Ferdinand von Schirach
  • Verlag: Piper
  • Erschienen: 15.01.13
  • Seitenanzahl:208
  • Preis: 8,99 Euro (Taschenbuch)
  • ISBN: 978-3-492-30146-6


Über den Autor

Ferdinand von Schirach wurde im Jahr 1969 als Enkel des NS-Reichsjugendführers Baldur von Schirach geboren. Er gilt als Promi-Strafverteidiger und veröffentlichte erst mit 45 Jahren seine ersten Kurzgeschichten. Dem "Fall Collini" gehen bereits die Bücher "Verbrechen" und "Schuld" hervor, in denen er ebenfalls in Kurzgeschichten Fälle aus seinem Alltag beschreibt.



Inhalt

Warum ermordet ein 66-jähriger italienischer Werkzeugmacher einen 88 Jahre alten Firmenchef auf grausamste Weise und schweig sich daraufhin über sein Motiv aus?
Caspar Leinen denkt sich zunächst nicht viel dabei, als er seinen allersten Mandanten als Strafverteidiger zugesprochen bekommt, ein bisschen enttäuscht ist er, dass er das Verfahren nicht gewinnen kann; die Beweislage ist eindeutig, der Täter, Fabrizio Collini, gesteht den Mord, akzeptiert die lange Haftstrafe. Doch dann wendet sich das Blatt für ihn: Das Opfer, Hans Meyer, ist ein guter Freund, um nicht zu sagen Leinens Zieh-Opa aus Kindertagen.
Er will die Verteidigung in jedem Fall abgegeben, wird aber dann dazu angehalten, sich seinen Ruf nicht bereits zu ruinieren, bevor seine Karriere überhaupt begonnen hat. Und so kommt ein Stein in Bewegung, der ihn bald überrollen wird: Leinen gibt sich nicht damit zufrieden, dass sein Mandant sich nicht zu den Hintergründen seiner grausamen Tat äußert, er verbringt Tage und Nächte mit dem Fall und durchforstet das Leben von Hans Meyer, bis er letztendlich auf seine grausame Vergangenheit als Nazi-Offizier stößt. Dieser war in Italien stationiert und hatte damals eine Partisanenerschießung angeordnet, Collinis Vater war auch unter den Kämpfern gewesen. Für Leinen bricht eine Welt zusammen, das Bild seiner Kindheit wird völlig zerstört. Von nun an setzt er alles daran, Collini zu verteidigen. Er findet heraus, dass dieser bereits in den 60iegr Jahren eine Strafanzeige gegen Hans Mayer gestellt hatte, diese aber nicht weiter verfolgt wurde, da es habe sich bei seinem Erschießungsbefehl um eine Handlung im Sinne des Völkerrechts gehandelt habe. In Wirklichkeit war aber die Verjährungsfrist der Grund, weshalb Mayer nicht mehr angeklagt wurde.
Sein Mandant Collini begeht daraufhin in seiner Zelle Selbstmord und der Prozess wird abgebrochen, was bleibt aber hat Leinens Leben verändert.



Persönliche Meinung

Ferdinand von Schirach ist es gelungen, mich für einen Krimi zu begeistern. Die Geschichte hat mich regelrecht gefesselt, auch wenn sie erst in der zweiten Hälfe des Buches richtig Fahrt aufnimmt.
Schirach ist dabei so sensibel und schafft es mit wenigen Worten, große Emotionen zu beschreiben.
Für den Protagonisten Leinen gerät bei diesem Fall sein Leben ins Wanken: Er stellt sich gegen den wichtigsten Menschen seiner Kindheit, verteidigt seinen Mörder. Dabei hat er aber auch ein sehr kompliziertes Verhältnis mit dessen Enkelin, die er aus früheren Tagen kennt. So erzählt das Buch nicht nur eine Kriminalgeschichte, sondern auch von einer empfindlichen Liebesbeziehung, von schicksalhaften Erlebnissen sowohl in Leinens als auch in Collinis Kindheit. Was bleibt ist letztendlich die Frage: Wie können die Gräueltaten der Nationalsozialisten verjähren? Besonders vor seiner familiären Vergangenheit ist es sehr mutig von Ferdinand von Schirach, sich dieser zu stellen.



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